14. Dezember 2018

Thüringer Verwaltungsreform

Verwaltungsreform - großer Name - kaum Nutzen

„Der jetzt festgelegte Verwaltungsreformansatz bleibt weit hinter allen Erwartungen zurück. Er trägt wenig bei, die öffentliche Verwaltung zukunftsfest zu machen“, kommentiert Helmut Liebermann, Vor-sitzender des tbb, den Beschluss des Thüringer Landtags zum Verwaltungsreformgesetz. „Die immer notwendiger werdende Aufgabenkritik und die Strategien wie in den nächsten Jahren eine moderne und funktionierende Verwaltung aussehen soll, bleiben in diesem Gesetz unbeantwortet. Ein hoher Altersdurchschnitt, fehlende Gewinnung qualifizierten Nachwuchses, konzeptionsloses Personalma-nagement, keine einheitliche Software, kein einheitliches Gesundheitsmanagement und die ausblei-bende Umsetzung einer wertschätzenden Führungskultur sind nur einige Bereiche, die grundlegender Veränderungen bedürfen. Ohne eine echte Aufgabenkritik, ohne Erklärungen was durch die Reform besser wird, ist den Beschäftigten und den Bürgern des Freistaates Thüringen die Notwendigkeit für ein Verwaltungsreformgesetz nicht vermittelbar.“

Der Thüringer Landtag hatte am 13. Dezember 2018 das Verwaltungsreformgesetz mit den Stimmen von Linken, SPD und Grünen auf den Weg gebracht.

Der tbb stellt sich den Herausforderungen einer Verwaltungsmodernisierung. Wiederholt hatte der tbb im Gesetzgebungsverfahren darauf hingewiesen, dass es nicht zielführend sei, eine Verwaltungsreform vor Verabschiedung eines geplanten Landesorganisationsgesetzes durchzuführen, um dann eine erneute Reform anzugehen.

Nur Anpassungen der Besoldungsstruktur auf Leitungsebene

Statt Aufgabeneinsparungen und Personalabbau sieht das nun beschlossene Gesetz Anpassungen der Besoldungsstruktur der Beschäftigten in Leitungsebenen vor. Mit Inkrafttreten der Reform werden 50 neue Stellen im Leitungsbereich geschaffen.

Daneben bleibt ungeklärt, was aus den von Umstrukturierungsmaßnahmen betroffenen Beamten der anderen Ebenen wird. Für die tarifbeschäftigen betroffenen Kollegen konnte der dbb (gemeinsam mit verdi) einen Tarifvertrag mit der Landesregierung abschließen, der einige im Zusammenhang mit der Reform auftretenden Härten abmildern kann.

Zahlreiche Behördenverschmelzungen ohne tatsächliche Änderungen

Die Änderungen für die Thüringer Kataster- und Vermessungsverwaltung (TKVV) sind für den tbb so nicht nachvollziehbar, denn außer, dass formal alle dem unmittelbar nachgeordneten Geschäftsbereich zugeordneten 19 Behörden, Anstalten, Einrichtungen und Landesbetriebe juristisch aufgelöst und zum 01.01.2019 auf der Grundlage des in Kraft getretenen Gesetzes in drei zu errichtende Landesoberbehörden strukturell-organisatorisch zusammengefasst werden sollen, ändert sich tatsächlich nichts.

Der tbb hatte dies fortwährend kritisiert, da somit nur neue Begrifflichkeiten und Nummerierungen für die Organisationseinheiten eingeführt werden und jeweils ein Dezernat pro Abteilung mit einem anderen zusammengeführt wird. Das heißt, dass neue Türschilder, Briefköpfe, Visitenkarten gedruckt werden müssen und damit Mehrkosten entstehen. Personal wird damit nicht eingespart werden können. Wo auch, es fehlt bereits jetzt an allen Ecken und Enden.

Damit verbleibt lediglich noch der landwirtschaftliche Bereich, dessen Strukturen erst einmal dem Stand der bereits beiden vorhandenen Landesämter angeglichen werden sollte. Allein für diesen Bereich ist die Auflösung der einzelnen Behörden, Anstalten und Einrichtungen und der anschließenden Neubildung eines Landesamtes nachvollziehbar. Unabhängig davon ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt absehbar, dass auch diese Struktur nicht die letzte sein wird, da der Fachbereich des neuen TLLLR nicht dauerhaft dem Geschäftsbereich des TMIL zugeordnet bleiben wird und eine zeitnahe Zuordnung zum Umweltministerium zu erwarten ist. Derartige Andeutungen erfolgten bereits von verschiedenen Seiten.

Versteckte „Gemeinheiten“

Auch andere kleine „Gemeinheiten“ sind in diesem Gesetz versteckt: so müssen künftige Geodäten ohne Referendariat auskommen, das Widerspruchsverfahren in der Flurbereinigung und im Vermessungswesen wird abgeschafft, die Zulassungskriterien für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und damit festgesetzte Qualitätsstandards werden gesenkt, die Spruchstelle für Flurbereinigung fällt weg. Das alles passt nicht zur Aussage, eine „bürgerfreundliche“ Verwaltung schaffen zu wollen, denn mit der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens zwingt man die Bürger in die Klage.

Zweistufigkeit in der Steuerverwaltung bringt keine Effizienz

Auch die weitergehende Einführung der Zweistufigkeit in der Finanzverwaltung durch Abschaffung der Landesfinanzdirektion bringt keine Effizienzgewinne und sieht nur nach außen schön auf dem Papier aus. Die Finanzverwaltung war bereits weitestgehend zweistufig organisiert. Lediglich im Bereich der Steuerverwaltung fungierte die Landesfinanzdirektion (LFD) als Mittelbehörde zur operativen Anleitung der Finanzämter. Diese Organisationsform war historisch gewachsen, höchst effizient und anpassungsfähig. Die neue Organisationsform bringt keinen Gewinn, sondern nur den Aufwand der Umstrukturierung. Es verbleiben die Kosten für Umzug, Namensänderungen und ein neues Türschild.

Großer Name, nichts gewonnen

Die groß angekündigte Thüringer Verwaltungsreform bleibt im Ergebnis nach Auffassung des tbb allein im Namen groß. Nach wie vor fand keine Aufgabenkritik in einer Größenordnung statt, die den Abbaupfad von Personal in der Landesverwaltung auch mit einem Aufgabenabbau begleitet. Entgegen mancher landläufigen Meinung saßen ja die Kolleginnen und Kollegen bislang nicht Däumchen drehend hinterm Schreibtisch. Als Beispiel sei hier auf den Arbeitsschutz verwiesen: noch vor 10 Jahren konnten 600 Betriebe im Jahr überprüft werden, nunmehr sind es noch 200. Auch im Eichwesen kommt das Personal nicht mehr mit der Kontrolle und Eichung an Kassen und Zapfsäulen hinterher:

Die Schwächung einer funktionierenden Verwaltung: soll das ein Standortvorteil für Betriebe in Thüringen sein?!

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