01. Juni 2021
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Rentenbesteuerung Urteile BFH

BFH legt Berechnungsgrundlagen fest und zeigt drohende doppelte Besteuerung künftiger Rentnergenerationen auf

Der Bundesfinanzhof hat sich in zwei Verfahren mit der Rentenbesteuerung befasst. Er erklärte, dass in den entschiedenen Fällen keine Doppelbesteuerung vorliege. Beide Revisionen wurden zurückgewiesen. Für spätere Rentnerjahrgänge könne dies aber anders aussehen, weil der Rentenfreibetrag immer weiter abgeschmolzen werde. Bei privaten Renten sei dagegen schon systembedingt keine Doppelbesteuerung möglich.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat erstmals genaue Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zwar hatte die Revision des Klägers – der eine seit dem Jahr 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Rentenfreibetrag bezieht – keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich auf der Grundlage der Berechnungsvorgaben des BFH, dass spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird. Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren.  

Der BFH hat in seiner zweiten Entscheidung zahlreiche weitere Streitfragen zum Problem der sog. doppelten Rentenbesteuerung geklärt. Er hat nicht nur über die Behandlung von Leistungen aus der freiwilligen Höherversicherung zur gesetzlichen Altersrente und Fragen der sog. Öffnungsklausel entschieden. Er hat auch klargestellt, dass es bei Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung (kurz: privaten Renten), die – anders als gesetzliche Altersrenten – lediglich mit dem jeweiligen Ertragsanteil besteuert werden, systembedingt keine Doppelbesteuerung geben kann. Zudem hat er entschieden, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge desRentenbeziehers gehören, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente.

 

Rechtlicher Hintergrund:

Bis 2004 unterlagen Renten nur mit einem geringen Anteil (dem sog. „Ertragsanteil“) der Einkommensteuer. Dadurch zahlten Rentner, die neben ihrer Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hatten, in der Praxis keine Einkommensteuer. Pensionäre – also insbesondere ehemalige Beamte, aber auch Empfänger von Betriebspensionen – mussten ihre Altersbezüge hingegen voll versteuern. Das BVerfG hat in dieser Rechtslage eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gesehen und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung spätestens mit Wirkung ab 2005 verpflichtet (Urteil vom 06.03.2002 - 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73).

Diesem Auftrag ist der Gesetzgeber mit dem Alterseinkünftegesetz nachgekommen. Seit dem 01.01.2005 sind nicht nur Pensionen, sondern auch Rentenbezüge im Grundsatz voll einkommensteuerpflichtig (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Im Gegenzug können die Steuerpflichtigen aber ihre Altersvorsorgeaufwendungen – insbesondere ihre Rentenversicherungs-beiträge -  als Sonderausgaben von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen (nachgelagerte Besteuerung).

Eine sofortige volle Besteuerung der Renten war dem Gesetzgeber nicht möglich, weil die Rentner ihre bis 2004 geleisteten Beiträge nicht in vollem Umfang hatten einkommensteuerlich geltend machen können. Eine sofortige Steuerfreistellung sämtlicher Rentenversicherungsbeiträge erschien dem Gesetzgeber wegen des damit verbundenen Ausfalls an Steuereinnahmen unmöglich. Er hat daher sowohl für die Besteuerungsseite als auch für die Beitragsseite sehr langfristig wirkende Übergangsregelungen geschaffen. Diese sehen vor, dass bei Rentnern, die bis einschließlich 2005 in den Rentenbezug eingetreten sind, auf Dauer ein Betrag von 50 % ihrer damaligen Rente steuerfrei bleibt. Für Rentner, deren Rentenbezug später beginnt, vermindert sich der für den Freibetrag maßgebende Prozentsatz. So sind bei Rentnern, die im Jahr 2021 erstmals eine Rente beziehen, nur noch 19 % der Rente steuerfrei. Rentner, die ab 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, müssen ihre gesamte Rente versteuern. Für die Beitragsseite sehen die Übergangsregelungen vor, dass im Jahr 2005 zunächst nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben abgezogen werden konnten, im Jahr 2021 sind es 92 %. Ab dem Jahr 2025 werden sämtliche Altersvorsorgeaufwendungen ungekürzt als Sonderausgaben abziehbar sein.

Das BVerfG hat in seinem bereits erwähnten Rentenurteil hinsichtlich der vom Gesetzgeber zu treffenden Übergangsregelungen u.a. formuliert: „In jedem Fall sind die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird.“ In der steuerrechtlichen Literatur und in zahlreichen Verfahren vor den Finanzgerichten und dem BFH wird geltend gemacht, die gesetzliche Übergangsregelung führe in vielen Fallgruppen zu einer doppelten Besteuerung; dies sei verfassungswidrig.

Quellen:

PM des Bundesfinanzhofs zum Urteil 1

PM des Bundesfinanzhofs zum Urteil 1:

Beck Aktuell

Medieninformation TFM vom 1. Juni 2021

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