Der Thüringer Beamtenbund (tbb) zeigt sich enttäuscht über die spärlichen, allgemeinen Positionen zum öffentlichen Dienst im Koalitionsvertrag zwischen CDU, BSW und SPD in Thüringen. Als Dachverband der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes sowie der privatisierten Dienstleistungsgewerkschaften hatte der tbb konkrete Erwartungen an den Koalitionsvertrag, insbesondere in Bezug auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Anerkennung der Leistungen von Beamten und Tarifbeschäftigten.
Kritikpunkte des tbb an dem Koalitionsvertrag sind in mehreren Bereichen zu finden:
1. Mangelndes Bekenntnis zum Berufsbeamtentum: Der tbb hatte ein klares Bekenntnis zur Bedeutung des Berufsbeamtentums gefordert, um die Stabilität und Professionalität des öffentlichen Dienstes zu sichern. Der Vertrag enttäuscht in dieser Hinsicht, da keine ausreichende Betonung dieses Grundsatzes zu finden ist.
2. Fehlende Maßnahmen für eine moderne Verwaltung: Auch die angestrebte Modernisierung der Verwaltung, inklusive einer stärkeren Digitalisierung und besseren Arbeitsbedingungen, wird im Koalitionsvertrag nicht in dem Maße behandelt, wie es der tbb erwartet hatte.
3. Unzureichende Personalpolitik und Besoldung: Der tbb hatte eine gezielte Personalpolitik sowie eine Besoldung gefordert, die den Anforderungen und der Verantwortung des öffentlichen Dienstes gerecht wird. Im Koalitionsvertrag wird dies jedoch nur unzureichend adressiert. Die Frage einer „amtsangemessenen“ Besoldung und einer nachhaltigen Personalentwicklung bleibt weitgehend unbeantwortet.
4. Verzögerte Dienstrechtsreform: Eine weitere zentrale Forderung des tbb war eine zeitnahe und umfassende Dienstrechtsreform, die den aktuellen Herausforderungen gerecht wird. Der Koalitionsvertrag zeigt sich in diesem Punkt eher vage und lässt keine konkreten Schritte oder Zeitrahmen erkennen.
5. Aufgabenkritik 2.0: Im Koalitionsvertrag wird von einer Verwaltungsreform mit vorheriger Aufgabenkritik gesprochen. Eine ehrliche Aufgabenkritik, die ihren Namen verdient, ist seit vielen Jahren eine der zentralen Forderungen des tbb. Ein Vergleich mit anderen Ländern kann dies nur als Orientierung dienen. Die Länder und ihre Verwaltungen haben sich seit der Föderalismusreform in einem hausgemachten Überbietungswettbewerb auseinanderentwickelt. Jedes Land hat Strukturen, die nicht vergleichbar sind und daher hinken solche Vergleiche. Nehmen Sie die Beschäftigten mit, hören Sie zu und entwickeln eine Reform mit Ihnen und nicht auf dem Rücken der Beschäftigten.
Die Kritik des tbb richtet sich darauf, dass diese genannten Bereiche bislang nicht ausreichend in den politischen Entscheidungen Berücksichtigung finden, was zu einer unzureichenden Wertschätzung und Unterstützung für Beamte und Tarifbeschäftigte führt. Der tbb fordert daher eine stärkere politische und strukturelle Einbeziehung der Bedürfnisse und Anforderungen des öffentlichen Dienstes.
Anzuerkennen ist, dass alle drei Parteien willens sind, Thüringer Ideen für einen Thüringer Weg zu ebnen und den Spirit der wirklichen Veränderung für den Freistaat anstreben.
In der detaillierten Darstellung der Bereiche Bildung, Wissenschaft, Innovation, Wirtschaft, Arbeit, Energie, Migration, Sicherheit, Justiz, Gesundheit, Pflege, Soziale Verantwortung, Landwirtschaft, Umwelt, Bauen, Wohnen, Infrastruktur, Kommunen, Kultur, Sport, Demokratie, Zusammenhalt, Moderner Staat, Digitalisierung, Finanzierung liegen bekannte Probleme vor, die auch die Vorgängerregierungen gebetsmühlenartig proklamiert haben, auf der To-Do-Liste der neuen Landesregierung der 8. Wahlperiode.
Der Thüringer Beamtenbund sieht viele Vorhaben finanziell sehr ambitioniert. Kontrastreich erscheinen finanzielle Mittelausgaben der nächsten Jahre, im Vergleich der erst vor kurzem abgegebenen Erklärung der amtierenden Finanzministerin zum Aufruf eines Sparkurses der Ministerien bezüglich des Landeshaushaltsentwurfs 2025. Erstaunlicherweise fehlen konkrete Überlegungen zur Finanzierung dieser Vorhaben in der neuen Legislaturperiode.
Schule, Hochschule, Polizei, Justiz sind ehrenwerte Leuchtturmprojekte der angehenden Landesregierung. Darüber hinaus werden allgemeine Verwaltungskosten als negativer Kostenfaktor und Bürokratie gleichgesetzt. Das Ressort mit dem drittgrößten Personalkörper – die Finanzverwaltung - findet sich sogar erst im letzten Absatz. Die Stimmung der Beschäftigten in der Thüringer Landesverwaltung zeigt hier ein anderes Bild. Die Verdichtung der Arbeit, fehlendes Fachpersonal, mangelnde Ausbildungszahlen, fehlende Wertschätzung des Dienstherrn und die weiterhin nicht amtsangemessene Besoldung von Beamten lassen erkennen, dass Thüringens größter Arbeitgeber, der öffentliche Dienst, einen größeren Bereich im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung zustehen sollte, damit der Freistaat Thüringen bei den wirtschaftlichen Vorhaben auch die behördlichen Strukturen zur Verfügung stehen.
Fazit:
Insgesamt bewertet der tbb den Koalitionsvertrag als unzureichend, da er die berechtigten Forderungen und Erwartungen des öffentlichen Dienstes nicht in dem gewünschten Umfang berücksichtigt. Der Verband sieht dies als verpasste Gelegenheit, den öffentlichen Dienst in Thüringen zukunftsfähig zu gestalten und den Beschäftigten die notwendige Anerkennung und Unterstützung zu bieten. Der Beamtenbund fordert mehr politische Anerkennung und Respekt für die Arbeit der Beamten und Tarifbeschäftigten. Darüber hinaus soll die Personalpolitik so ausgerichtet werden, dass langfristig qualifizierte Fachkräfte gewonnen und gehalten werden können.