19. Januar 2021
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BVerfG bestätigt

"FCK BFE" kann strafbare Beleidigung sein

Die Beweissicherung- und Festnahmeeinheit (BFE) der Göttinger Polizei ist ein ziemlich konkreter Personenkreis: Anders als Botschaften wie "ACAB" oder "FCK CPS" kann der Schriftzug "FCK BFE" daher eine strafbare Beleidigung sein. Das ergibt sich aus einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Anders als in den früheren "ACAB"- und "FCK CPS"-Fällen sei die Äußerung hier unter Berücksichtigung der Vorgeschichte des Beschwerdeführeres mit der örtlichen Polizeieinheit hinreichend individualisiert gewesen.

Kleidung mit Aufschrift „FCK BFE“ getragen

Der zur „linken Szene“ gehörende Beschwerdeführer, der Gerichtangaben zufolge schon häufiger mit der BFE der dortigen Polizei aneinandergeraten ist, hatte anlässlich eines Strafverfahrens gegen einen Rechtsextremen an einer Demonstration vor dem Gerichtsgebäude teilgenommen. Nach den gerichtlichen Feststellungen war ihm dabei bewusst, dass Mitglieder der örtlichen BFE vor Ort anwesend sein würden. Er trug auf der Demo einen Pullover mit der Aufschrift "FCK BFE" gut sichtbar unter seiner geöffneten Jacke. Unter dem Pullover trug er noch ein T-Shirt mit der identischen Aufschrift, das nach der Beschlagnahme des Pullovers zum Vorschein kam.

Verurteilung wegen Beleidigung

Das Amtsgericht (AG) verurteilte den Beschwerdeführer wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 15 Tagessätzen. Der Schriftzug sollte sich gerade und ausschließlich auf die Göttinger BFE beziehen, argumentierte das AG. Diese stelle - weil es sich um eine hinreichend überschaubare Personengruppe handele - ein beleidigungsfähiges Kollektiv dar. Die vom Demonstranten dagegen eingelegte Sprungrevision blieb ohne Erfolg. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung seiner Meinungsfreiheit.

BVerfG: Würdigung der Botschaft als eine strafbare Beleidigung nicht zu beanstanden

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers nicht zur Entscheidung angenommen. Diese sei jedenfalls unbegründet. Der Eingriff in die Meinungsfreiheit durch die strafgerichtliche Verurteilung sei gerechtfertigt. Auslegung und Anwendung des § 185 StGB durch die Fachgerichte begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese hätten die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Individualisierung potentiell beleidigender Schriftzüge auf konkrete Personen oder Personengruppen beachtet. Das AG habe insbesondere unter Berücksichtigung der gerade die örtliche BFE betreffenden Vorgeschichte annehmen dürfen, dass sich die Äußerung auf die spezifische örtliche Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit und deren Beamte bezieht.

In früheren "ACAB"- und "FCK CPS"-Fällen keine personalisierende Zuordnung möglich

In vergangenen verfassungsgerichtlichen Verfahren fehlte es bei den herabsetzenden Botschaften „ACAB“ („all cops are bastards“) und „FCK CPS“ („fuck cops“) an ausreichenden strafgerichtlichen Feststellungen zur personalisierenden Zuordnung dieser Äußerungen. In diesen Fällen gab es keine Vorgeschichte mit einer bestimmten Polizeieinheit. Ein planvolles, bestimmte Beamtinnen und Beamte herabsetzendes Vorgehen war aus den Feststellungen nicht erkennbar. Die Botschaften konnten daher auch als allgemeine politische Stellungnahmen zum Kollektiv „Polizei“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verstanden werden. Ein Unterschied ergibt sich auch daraus, dass vorliegend das ausdrücklich in Bezug genommene Kollektiv der BFE - auch ohne den Ortszusatz - erheblich spezifischer und eher abgrenzbar ist als der Begriff „cops“. Bei Letzterem ist nicht einmal erkennbar, ob sich dieser auf die deutsche Polizei oder ganz allgemein auf alle Personen mit polizeilichen Funktionen auf der Welt bezieht.

BVerfG Pressemitteilung Nr. 4/2021 vom 15. Januar 2021 zu Beschluss vom 08. Dezember 2020 (1 BvR 842/19):

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