Heute startet die 1. Tarifrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen. Der dbb Chef Ulrich Silberbach bekräftigt vor der Tarifrunde die Gewerkschaftsforderungen und fordert zur Not ein Kanzler-Machtwort.
„Ohne eine massive Lohnsteigerung wird der Personalmangel im öffentlichen Dienst eskalieren. Es fehlen uns bereits heute rund 360.000 Fachkräfte. Und in den kommenden zehn Jahren gehen 1,3 Millionen Beschäftigte in den Ruhestand. Da müssen wir gegensteuern“, sagte der dbb Bundesvorsitzende im Interview mit der „Wirtschaftswoche“. Der dbb fordert eine Erhöhung der Entgelte um 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro. Der Bund soll außerdem die Besoldung und Versorgung der Beamtinnen und Beamten entsprechend erhöhen. Silberbach: „Die vollständige Übertragung ist nicht verhandelbar, der Tarifabschluss muss zeit- und inhaltsgleich übernommen werden. Zumal die Alimentation der Beamtinnen und Beamten ja gerade ohnehin eine Riesenbaustelle ist und vom Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungskonform bewertet wird.“ Die Tarifverhandlungen beginnen am 24. Januar 2023.
Hinsichtlich möglicher Warnstreiks legte sich der dbb Chef nicht fest: „Im Vorfeld einer Tarifrunde sollte man bei dieser Frage zurückhaltend sein. Bislang haben wir drei Verhandlungstermine vereinbart, und die warten wir erstmal ab. Allerdings lassen die bisherigen Aussagen der Arbeitgeber befürchten, dass es keine besonders lustige Tarifrunde wird.“ Es gebe aber grundsätzlich ein hohes Streikpotenzial im Nahverkehr und den Kitas. „Es macht natürlich keinen Spaß, den Bürgerinnen und Bürgern den Alltag zu erschweren. Die Crux ist, dass die Politik Streikaktionen ein Stück weit braucht, damit sie nach innen kommunizieren kann: ‚Wir müssen den Gewerkschaften entgegen kommen‘. Es hat in den vergangenen Jahren keine einzige Tarifrunde gegeben, in der wir nicht mit Streikaktionen politischen Druck aufbauen mussten“, erklärte Silberbach. „Ich hoffe darauf, dass der Kanzler ein Machtwort spricht, sollte sich das Finanzministerium querstellen.“
Hintergrund
Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind insgesamt über 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Fast 1,6 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen und weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie Auszubildende (6.350 beim Bund, 56.300 bei den Kommunen), Praktikantinnen und Praktikanten sowie Studierende in ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen und auch knapp 190.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, Anwärterinnen und Anwärter (16.885 beim Bund) sowie über 500.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger beim Bund, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll. Mittelbar hat die Einkommensrunde auch Auswirkungen für weitere Bereiche des öffentlichen Dienstes (Bspw. Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung).