10. Februar 2021
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ThürPersVG - Personalvertretungsgesetz Umlaufbeschlüsse

Pragmatische Lösung durch TMIK Schreiben?

Mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 09.12.2020, sollte die befristete Sonderregelung in § 37 Abs. 5 ThürPersVG zeitlich lückenlos für das Jahr 2021 verlängert werden. Die erforderliche Verlängerung des Paragrafen im Personalvertretungsgesetz ist bislang nicht vom Landtag beschlossen und verabschiedet worden und voraussichtlich ist damit auch nicht vor April 2021 zu rechnen. Eine lückenlose Rückwirkung der Regelung ist vorgesehen. Doch aktuell fehlt diese Regelung. Können Personalräte Beschlüsse per Videokonferenz herbeiführen? Was gilt jetzt?

Das Schreiben des TMIK vom 25.01.2021 an alle obersten Landesbehörden zeigt nur den aktuellen Sachstand auf, bietet jedoch keine Lösung an. Dieses Schreiben mit der Überschrift: „Information zur Beschlussfassung des Personalrats ausnahmsweise auch mittels Umlaufverfahren, elektronischer Abstimmung oder Telefon- oder Videokonferenz, § 37 Abs.5 ThürPersVG“ hat selbst nur informativen Charakter.

Personalratssitzung als Videokonferenz

Die Personalratssitzung ist in § 34 ThürPersVG geregelt. Doch auch bei genauerem Hinschauen finden sich dort keine Hinweise darauf, dass Sitzungen des Personalrats nicht per Videokonferenz abgehalten werden dürfen. Es findet sich lediglich der Hinweis, dass die Sitzungen des Personalrats nicht öffentlich sind.

Nichtöffentlichkeit bei Videokonferenzen

Teilweise wird vorgebracht, dass Videokonferenzen dem Grundsatz der Nichtöffentlichkeit widersprechen. Denn es könne ja nicht ausgeschlossen werden, dass unberechtigte Dritte in einem der Übertragungsräume den Gesprächsinhalt mithören oder verfolgen, ohne dass die Personalratsmitglieder dies bemerkten. Aber die rein theoretische Möglichkeit, dass jemand Unbefugtes Interna aus der Sitzung erfährt, reicht wohl nicht aus, um Videokonferenzen als zulässige Alternative zu herkömmlichen Sitzungen zu verhindern. Wie auch bei Präsenzsitzungen kann es einen absoluten Schutz vor der Kenntnisnahme des Inhalts der Sitzung durch Dritte nicht geben. Der Personalrat und jedes einzelne Mitglied hat aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen das in seiner Einflusssphäre Stehende zu tun, um nicht teilnahmeberechtigte Personen von der Kenntnis des Inhalts der Sitzung auszuschließen. Zur Wahrung dieser Anforderungen sollten die zugeschalteten Personalratsmitglieder zu Protokoll versichern, dass nur teilnahmeberechtigte Personen in dem Raum anwesend sind und weiteren Personen der Zutritt unter Berufung auf § 10 ThürPersVG verweigert wird. Teilnahmevoraussetzung für die Videositzung ist die alleinige Anwesenheit und Nutzung des Raumes für die Dauer der Sitzung durch das jeweilige Personalratsmitglied. Dies ist durch die Mitglieder eigenständig sicherzustellen und gilt auch für das Homeoffice.

Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung auch bei einer normalen Personalratssitzung ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit der auf der Sitzung gefassten Beschlüsse führt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit hat vielmehr nur dann die Unwirksamkeit eines Beschlusses zur Folge, wenn zumindest ein Personalratsmitglied die Anwesenheit einer nicht teilnahmeberechtigten Person im Sitzungsraum ausdrücklich beanstandet hat und diese Person dann trotzdem bei der Beschlussfassung anwesend bleibt.

Beschlussfassung mittels Videokonferenz?

Nach allgemeiner Auffassung kann die Beschlussfassung nur in einer (ordnungsgemäß einberufenen und durchgeführten) Sitzung des Personalrats erfolgen, was sich aus einem Zusammenspiel der Formulierung "anwesend" in § 37 Abs. 1 Satz 1 ThürPersVG und aus dem Fehlen einer Ausnahmeregelung, ergibt.

Nicht ohne Ausnahmeregelung.

Der § 37 Abs. 5 ThürPersVG enthielt (bis 31.12.2020) diese Ausnahmeregelung: „Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 können Beschlüsse des Personalrats ausnahmsweise auch mittels Umlaufverfahren, elektronischer Abstimmung oder Telefon- oder Videokonferenz erfolgen.“

Dabei stellte der Gesetzgeber durch die Verwendung des Wortes „ausnahmsweise“ klar, dass außerhalb der befristeten Regelung eine Beschlussfassung auf diese Art und Weise eben nicht möglich sein soll. Der Personalrat kann sich gerade deshalb auch nicht auf Unkenntnis berufen. Darüber hinaus gilt generell: Personalratsbeschlüsse, müssen rechtmäßig sein. Für Personalrats-Beschlüsse gelten – aufgrund fehlender weiterführender Regelungen – die gleichen Regelungen, wie für Verwaltungsakte. Demnach wäre ein Beschluss, der im Rahmen einer Videokonferenz zustande kommt, nicht nichtig (§ 44 VwVfG) sondern lediglich formal rechtswidrig und damit grundsätzlich heilbar.

Gilt das Schreiben des TMIK (vom 25.01.2021) als Ausnahmeregelung?

Nein. Das Schreiben hat nur informativen Charakter (Überschrift: Informationsschreiben). Das Schreiben des TMIK stellt diesbezüglich folgende Information zur Verfügung: „In dem o.a. 2. Corona-Mantelgesetz ist in Bezug auf § 37 Abs. 5 ThürPersVG nunmehr eine rückwirkende Inkraftsetzung beabsichtigt, sodass sich somit die Situation so darstellt, dass die lückenlose Möglichkeit der Beschlussfassung des Personalrats nach dem 31.12.2020 besteht, seine Beschlüsse auch mittels Umlaufbeschlussverfahren, elektronischer Abstimmung oder Telefon- oder Videokonferenz zu fassen.“

Das bedeutet, dass eine rückwirkende Heilung der formal rechtswidrig zustande gekommenen Beschlüsse mit Verabschiedung des Gesetz (dies generell vorausgesetzt) grundsätzlich möglich ist.

Was gilt in der Zwischenzeit?

Doch was ist in dem Zeitraum zwischen dem 01.01.2021 und der Verabschiedung des Gesetzes?

Auf die Rechtswidrigkeit eines Beschlusses muss sich grundsätzlich jemand berufen, um den Beschluss anzufechten. Maßnahmen, denen der Personalrat zustimmen würde, sehen wir dabei nicht als Problem, da hier – selbst wenn das oben genannte Gesetz nie in Kraft tritt – die Zustimmungsfiktion schlimmstenfalls greift.

Was ist bei Maßnahmen der Mitbestimmung, die der Dienstherr will und der Personalrat nicht (z.B. eine Kündigung)? Hier könnte sich der Dienstherr auf die Rechtswidrigkeit des Beschlusses berufen. Diese Möglichkeit wurde durch das Schreiben des TMIK nicht ausgeschlossen, da dem Schreiben nur ein informativer, kein regelnder, Charakter zukommt.

Hier empfiehlt der tbb allen Personalräten – wenn man im Wege der Videokonferenz vorgehen will – zumindest eine Vereinbarung mit dem Dienstherrn abzuschließen, dass dieser sich nicht auf den Mangel im Zustandekommen von Beschlüssen während Videokonferenz-Sitzungen beruft (Gefahr der Zustimmungsfiktion!). Dies hilft jedoch höchstwahrscheinlich nicht im Einigungsstellenverfahren oder in einem gerichtlichen Verfahren.

Hier noch eine weitere Anregung: Aufteilung der Sitzung in zwei Bestandteile. Der erste Teil umfasst die interne Erörterung und die Erörterung mit der Verwaltung, einschließlich der abschließenden Diskussion notwendiger Beschlüsse. Dies sollte mit Blick auf die Pandemielage und unter großzügiger Auslegung des § 35 ThürPersVG per Video möglich erscheinen.

Der zweite Teil ist allein der Beschlussfassung gewidmet. Hier ist körperliche Anwesenheit erforderlich. Da jedoch alle - und das ist die Bedingung an die Fairness aller Beteiligten - Dinge ausdiskutiert worden sind, kann es hier nur noch um die tatsächliche (ggf. schon vorher zur Probe erfolgten), Abstimmung handeln. So ist eine Zeitoptimierung mit Blick auch auf den Infektionsschutz / Arbeitsschutz gegeben.

Fazit

Hier haben die Parlamentarier die Personalräte im Regen /Schnee stehen gelassen. Eine schnelle Lösung wäre die Aufteilung des Artikelgesetzes und das Herauslösen des Artikels 5 bezüglich der Änderung des Thüringer Personalvertretungsgesetz (Videolösung für Personalräte). Dieser könnte dann separat von der notwendigen Diskussion der weiteren Artikel beschleunigt behandelt und verabschiedet werden.

Schreiben des TMIK vom 25.01.2021

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