17. Dezember 2020
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EuGH Urteil

Volles Anerkennen der im EU-Ausland erworbenen Lehrer-Berufserfahrung bei Stufenzuordnung TV-L

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 23. April 2020, dass in einem anderen EU-Staat geleistete Lehrertätigkeit bei einem Wechsel in den deutschen Schuldienst uneingeschränkt anzurechnen ist.

Das Land Niedersachsen hatte einer Lehrerin, die 17 Jahre in Frankreich unterrichtet hatte, bei ihrer Einstellung in Niedersachsen nur 3 Jahre Berufserfahrung anerkannt.

Die in Frankreich erworbene Berufserfahrung vom Land Niedersachsen wurde zwar für ihre Einstufung in diese Tabelle als einschlägig im Sinne von § 16 Abs. 2 TV-L anerkannt, jedoch nur teilweise angerechnet. Daher wurde sie der Stufe 3 der Entgeltgruppe 11 der Entgelttabelle zugeordnet.

Die Lehrerin beantragte deshalb die Einstufung in eine höhere Entgeltgruppe (Stufe 5) und die rückwirkende Zahlung des höheren Entgelts. Das Land lehnte dies ab. Die Lehrerin habe ihre Berufserfahrung von mehr als drei Jahren bei einem anderen Arbeitgeber als dem Land Niedersachsen erworben. Daher könne die Berufserfahrung gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder nicht vollständig angerechnet werden.

Die Lehrerin klagte dagegen vor deutschen Arbeitsgerichten. Das Bundesarbeitsgericht als dritte Instanz legte den Fall dem EuGH vor. Dieser hat jetzt entschieden, dass die tarifvertragliche Regelung gegen den Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit verstößt, da dadurch der Wechsel eines Beschäftigten von einem EU-Land in ein anderes in unzulässiger Weise erschwert wird. Der Klägerin kann damit rückwirkend Gehalt nach Stufe 5, bzw. 6, beanspruchen.

EuGH: Nur teilweise Anerkennung der Berufserfahrung beeinträchtigt die Arbeitnehmerfreizügigkeit

Die höchsten EU-Richter stellten zunächst fest, dass die niedersächsischen Behörden die Berufserfahrung der Lehrerin in Frankreich als im Wesentlichen gleichwertig anerkannt hatten. Wenn das Land aber die gleichwertigen Vordienstzeiten im EU-Ausland nicht vollständig anerkenne, mache dies den Wechsel der Lehrerin von einem Land ins andere weniger attraktiv. Es beeinträchtige also die im EU-Recht festgelegte Arbeitnehmerfreizügigkeit.

Die geringere Einstufung in Niedersachsen halte Arbeitnehmer davon ab, von einem Mitgliedstaat in den anderen zu wechseln, argumentierten die Richter. Sie prüften auch die Gründe, die das Land Niedersachsen für seine Regelung vorgebracht hatte. Keine dieser Rechtfertigungen könne jedoch die festgestellte Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit aufwiegen, stellte der EuGH fest (EuGH, Urteil v. 23.4.2020, C-710/18).

Zum Urteil des EuGH

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