Amtsangemessene Alimentation
Alimentation in Niedersachsen verfassungswidrig zu niedrig
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Entscheidung vom 30. Oktober 2018 (Az. 2 C 32.17) die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Landes Niedersachsen in den Besoldungsgruppen A 8 und A 11 in den Jahren 2005 bis 2012 und 2014 ebenso wie die Besoldung der Beamten in der Besoldungsgruppe A 9 und A 12 in den Jahren 2014 bis 2016 für verfassungswidrig zu niedrig bemessen erachtet und zwei Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Kläger sind Beamte im niedersächsischen Landesdienst, wobei ein Beamter sich bereits seit 1998 im Ruhestand befindet. Sie haben seit 2005 die ihnen gewährte Besoldung bei ihrem Dienstherrn als verfassungswidrig zu niedrig gerügt.
Sowohl Klage- als auch Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg wurden bis auf das Jahr 2013 abgewiesen; für das Jahr 2013 erließ das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bereits einen Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung zur Frage der amtsangemessenen Alimentation.
Das Bundesverwaltungsgericht hat für die Beamtinnen und Beamten im aktiven Dienst nunmehr mit o.g. Entscheidung eine verfassungswidrige Unteralimentation auch in den anderen Jahren angenommen. Die Besoldung erweise sich bei Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen relativen Vergleichsmethode als nicht amtsangemessen. Bei dem hiernach anzustellenden Vergleich der Entwicklung der Besoldung mit der Entwicklung bestimmter volkswirtschaftlich nachvollziehbarer Parameter lägen in den Fällen der beiden im aktiven Dienst befindlichen Beamten ausreichende Indizien vor, die eine umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erforderlich machen würde. Diese Gesamtbetrachtung erhärte die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation.
Zudem sei weder bei der Besoldung der Beamtinnen und Beamten die absolute Untergrenze einer verfassungsgemäßen Alimentation unterschritten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse die Besoldung der Beamten der untersteten Besoldungsgruppen jedenfalls 15 % höher sein als das Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung. Diese absolute Untergrenze sei im Land Niedersachsen unterschritten worden. Die Fehlerhaftigkeit des Besoldungsniveaus in den untersten Besoldungsgruppen (Besoldungsgruppe A 2) führe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwangsläufig zur Verfassungswidrigkeit des Besoldungsniveaus der hier in Rede stehenden höheren Besoldungsgruppen. Solange der Gesetzgeber die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen nicht bewusst neugeordnet habe, habe die erforderliche Anpassung der untersten Besoldungsgruppen notwendigerweise eine Verschiebung des Gesamtgefüges zur Folge.
Für den Ruhestandsbeamten hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die das Jahr 2013 betreffende Richtervorlage des Berufungsgerichts im Verfahren dieses Klägers.
Die nunmehrige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht in Übereinstimmung mit den bereits in 5 Verfahren zur Bemessung der Berliner Besoldung im Jahr 2017 erlassenen Vorlagebeschlüssen (Az. 2 C 56.16 u. a.).
Weiterhin liegen dem Bundesverfassungsgericht aus den Ländern Baden-Württemberg (Verfahren gegen die Absenkung der Eingangsbesoldung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur R-Besoldung), Brandenburg, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein ebenfalls Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse vor, die die Frage der amtsangemessenen Alimentation der den entsprechenden Landesbeamtinnen/Landesbeamten und Richterinnen und Richter für unterschiedliche Besoldungsgruppen und unterschiedliche Jahre zum Gegenstand haben.
Der dbb führt ebenfalls in den Ländern entsprechende Musterverfahren. Diese wurden überwiegend von den Gerichten im Hinblick auf die bereits dem Bundesverfassungsgericht vorgelegten Verfahren zum Ruhen gebracht.
Das Bundesverfassungsgericht hat noch nicht bekannt gegeben, wann eine Entscheidung über eine bzw. über mehrere der oben genannten Vorlagebeschlüsse getroffen wird, und ob mit einer solchen Entscheidung eine Konkretisierung der von ihm in den Jahren 2015 aufgestellten Kriterien zur Bemessung der amtsangemessenen Alimentation erfolgen wird.
Im Hinblick auf den erneuten Vorlagebeschluss kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden, ob die den Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richtern gewährte Besoldung und Versorgung in allen Besoldungsgruppen und Stufen amtsangemessen ausgestaltet ist.
Sofern jemand der Ansicht ist, dass seine Bezüge nicht ausreichend sind, ist ihm anzuraten, eigenständig einen Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation für das Jahr 2018 zu stellen, da nur durch eine entsprechende Antragstellung eine haushaltsnahe Geltendmachung erfolgt. Eine Rechtsschutzgewährung durch den dbb kann bedauerlicher Weise angesichts der Vielzahl der Fälle nicht erfolgen, jedoch ist ein Musterantrag als Anlage diesem Info beigefügt.