Mitgliederinfo
Amtsangemesse Alimentation
An diesem Freitag wird im Thüringer Landtag über den Gesetzentwurf (TOP 32) abgestimmt. Wird der Gesetzentwurf verabschiedet, bleiben unsererseits die dargestellten Bedenken. Wir empfehlen daher den Mitgliedern unserer Fachgewerkschaften, eine Klageerhebung (nach Widerspruchsbescheid) für sich zu prüfen.
Worum geht es konkret?
Seit 2012 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die gerichtliche Kontrolle der Besoldungsgesetzgebung von Bund und Ländern ständig intensiviert. Mit zwei Beschlüssen vom Mai 2020 hat das BVerfG die besoldungsrechtlichen Regelungen für Beamte und Richter in den Ländern Berlin und Nordrhein-Westfalen teilweise für verfassungswidrig erklärt. Insbesondere sah es den im Rahmen der amtsangemessenen Alimentation gebotenen Mindestabstand zwischen der niedrigsten Besoldungsgruppe zum Grundleistungsniveau nicht als gewahrt an.
Die vom BVerfG in ausformulierten Grundsätzen beanspruchen aufgrund der sich aus Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes ergebenden Verpflichtung zur Gewährung einer verfassungskonformen Besoldung auch gegenüber Thüringen Geltung. Der Thüringer Landesgesetzgeber hat den Handlungsbedarf erkannt und selbst festgestellt, dass das Abstandsgebot zur Grundsicherung in den untersten Besoldungsgruppen bereits seit 2008 fortwährend verletzt ist. Als Konsequenz regelt er im Gesetzentwurf die Streichung der Stufe 1 in A6 und A7 sowie eine Anhebung der Kinderzuschläge.
Wir halten das für nicht ausreichend!
Das Bundesverfassungsgericht beschränkt sich auf die Prüfung der evidenten Sachwidrigkeit. Vom Gesetzgeber wird hingegen von verfassungswegen eine sachgerechte Bestimmung der amtsangemessenen Alimentation verlangt. Der Thüringer Gesetzgeber hat sich jedoch darauf beschränkt, lediglich rechnerisch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nachzuzeichnen. Damit verkennt der Gesetzgeber zudem nach einheitlicher Meinung eines Gutachtens im Auftrag des tbb von Prof. Dr. Dr. hc. Ullrich Battis und eines Gutachtens vom wissenschaftlichen Dienst des Thüringer Landtags, dass der gerichtliche Kontrollmaßstab für die Überprüfung einer amtsangemessenen Alimentation nicht deckungsgleich ist, mit dem gesetzgeberischen Maßstab für eine Ausgestaltung derselben.
Hinzu kommt, dass das Alimentationsprinzip nach Auffassung des obersten Gerichtes, den rangniedrigsten Beamten und seine Familie mind. 15% über dem realitätsgerecht erfassten Grundsicherungsbedarf zu besolden verlangt, mit weitgehenden Folgen für das gesamte Besoldungsgefüge. Da die Besoldungshöhe die abgestufte Wertigkeit der verschiedenen Ämter betragsmäßig umsetzt, können untere Besoldungsgruppen nicht angehoben werden, ohne zugleich alle darüber liegenden ebenfalls anzuheben. Auch die Streichung von
Erfahrungsstufen führt jedoch zu einer solchen Anhebung. Der tbb sieht daher durch den Gesetzentwurf das Abstandsgebot verletzt.
Das Bundesverfassungsgericht verpflichtet den Besoldungsgesetzgeber zu einer dem Amt angemessenen Alimentation auch und gerade um die Attraktivität der Dienstverhältnisse vom Beamten, Richtern und Staatsanwälten für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte sicherzustellen, sowie das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu würdigen. Auch dies findet sich nicht im Entwurf der Landesregierung wieder.
Was tun?
Der tbb wird parallel eine Musterklagevereinbarung mit der Finanzministerin anstreben. Sollte diese von ihrer Seite nicht zu Stande kommen, werden wir individuelle Sammelklagen koordinieren. Bitte haben Sie Verständnis, dass der tbb in diesem Fall die Rechtsschutzkosten nicht für alle tragen kann, da von Seiten der Gerichte und Anwälte Vorschüsse verlangt werden und von dem Gesetzentwurf über 33.000 Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter betroffen wären.