24. April 2024

Seminar der dbb jugend thüringen

"Arbeit und Verantwortung - Wie würde der öffentliche Dienst heute handeln?"

Am 20.04.2024 fand in der Erinnerungsstätte “Topf & Söhne” das Seminar mit dem Thema „Arbeit und Verantwortung – Wie würde der öffentliche Dienst heute handeln?“ der dbb jugend thüringen statt.

Die Aufarbeitung der Geschichte förderte ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein und die selbstständige Urteilskraft bei den Teilnehmenden. Wir danken der Seminarleiterin des Erinnerungsortes „Topf & Söhne“ und sind davon überzeugt, dass das Begreifen der Vergangenheit die Möglichkeit birgt, unseren Blick für die Gefährdungen einer demokratischen und menschenrechtlichen Gesellschaft in der Gegenwart und in der Zukunft zu schärfen.

Erfahrungsbericht

Eine Teilnehmerin berichtet über das Seminar wie folgt:

In dem Seminar ging es um die Beteiligung der Ofenbauer “Topf und Söhne” an der Judenverfolgung während der NS-Zeit. Kernfrage des Seminars war, ob und in welchem Maß den Inhabern und den Mitarbeitern diese Beteiligung bekannt war und ob sie “freiwillig” oder unter Zwang die Aufträge der NS-Funktionäre entgegengenommen haben. Die Entwicklung der Firma von einem feuerungstechnischen Unternehmen hin zum Auftragnehmer der NS-Funktionäre wurde sachlich beleuchtet und bat die Möglichkeit sich kritisch mit der Thematik auseinanderzusetzen und selbst zu entscheiden, inwieweit die Beteiligung bekannt war.

Wir haben im Vorfeld darüber gesprochen welche Bewegründe die Unternehmer Topf und Söhne hatten, um den Auftrag anzunehmen und mit der NS zusammenzuarbeiten.

Wir haben folgende Punkte aufgezählt:

- Angst vor der NS
- Unternehmerische Zwecke (höchstmöglicher Gewinn)

- Innovation (als Ingenieur an einem Projekt mitzuarbeiten)
- Überzeugung

Man kann die von uns genannten Punkte begründen oder widerlegen.

Die Geschwister Topf waren keine überzeugten Mitglieder der NSDAP.  Der Eintritt in die Partei erfolgte 1933 nach der Anschuldigung anderer NS-Funktionäre sie wären nicht in der Partei Mitglied und könnten somit auch das Unternehmen nicht führen.

Die Geschwister beschäftigten Mitarbeiter jüdischer Herkunft, bis zum Ende des 2. Weltkrieg und auch Mitarbeiter mit kommunistischem Hintergrund.

Angst vor der NS bestand auch nicht. Aus zahlreichen Briefen ist erkennbar, das sich die Unternehmer auf Augenhöhe mit ihrem “Geschäftspartner” sahen.

Der Anteil am Gesamtumsatz aus den Aufträgen der NS beträgt 2%. Davon ausgehend kann man sagen, dass die Geschwister die Aufträge nicht benötigt haben um wirtschaftlich handeln zu können.

Es ist belegt, dass die in der Firma beschäftigten Ingenieure durchaus in Konkurrenz zueinanderstanden, welche Variante der Öfen am besten geeignet gewesen sei. Es gab Patentanmeldungen für das innovativste System.

Warum hat die Firma also diese Aufträge angenommen? Um weiterhin sachlich zu argumentieren kann man sagen, dass die Aufträge trotz der geringen Umsatzbeteiligung angenommen wurden, um auch an weitere Aufträge zu gelangen und sich einen guten Ruf zu erarbeiten.

Nach Ende des 2. WK stritten die Ingenieure und auch die Geschäftsinhaber ab, von der Verwendung der Öfen und Belüftungsanlagen gewusst zu haben.

Es ist auch hier widerlegbar, dass niemand vom eigentlichen Verwendungsziel gewusst hat. Die Beteiligten waren zur Wartung der Anlagen in den Konzentrationslagern vor Ort und konnten sich ein deutliches Bild über die Umstände machen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese Behauptungen zum Eigenschutz aufgestellt wurden.

Die Aufarbeitung der Geschichte der Firma „Topf und Söhne“ trägt essenziell dazu bei, die historische Bedeutung und auch die Beteiligung einiger “normaler” Bürger zu verdeutlichen. Es ist wichtig auch diejenigen zu beleuchten, die womöglich Täter und Opfer gleichzeitig waren. Diese wichtige Aufgabe erfüllt die Erinnerungsstätte “Topf und Söhne” in einer gut strukturierten, aufgearbeiteten und modernen Art.

Ob man heute auch wieder so handeln würde, lässt sich schwer sagen.  Für Außenstehende, die nicht in der Zeit gelebt haben, ist die Aussage, dass man so nicht handeln würde leicht.

Mit dem heutigen Wissen ist es unverständlich, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens, der sexuellen Orientierung oder politischen Einstellung verfolgt oder anders behandelt werden. Es gibt rechtliche Regelungen, die es verbieten, jemanden aufgrund dieser Dinge zu benachteiligen.

So lange jeder Mensch in der Gesellschaft sein Gegenüber so behandelt, wie er/ sie selbst behandelt werden möchte, sind wir auf einem guten Weg.

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