21. Februar 2025

NachWuchsKampagne

Die langsam voranschreitende Digitalisierung des öffentlichen Dienstes bringt uns auf die Palme!

Der öffentliche Dienst steht aktuell vor zahlreichen Herausforderungen und unter Druck: Mit Verabschiedung des Onlinezugangsgesetzes erwarten Bürger*innen und Unternehmen, dass behördliche Prozesse digital abgewickelt werden. Doch Studienergebnisse zeigen, dass über die Hälfte aller Befragten den Digitalisierungsgrad ihrer Stadt oder Gemeinde als eher oder als sehr rückständig einschätzen (56 % Stand 2023, dbb Monitor 2024). Gegenwärtig sind im Schnitt lediglich 175 Leistungen via Onlineservice digital zugänglich – dies sind 400 weniger als geplant (Behörden Spiegel, Juli 2024).

Obwohl sich die Arbeitswelt in den letzten Jahren rasant verändert hat, scheint dies im öffentlichen Dienst nicht angekommen zu sein. Viele Verwaltungsvorgänge werden trotz digitaler Möglichkeiten umständlich und zeitaufwendig manuell bearbeitet. Dies verursacht Mehrarbeit und lange Bearbeitungszeiten. Beispielsweise dauert die Bearbeitung eines BAföG-Antrags durchschnittlich 20 Wochen. Es ist nicht verwunderlich, dass Deutschland im europäischen Vergleich in Bezug auf digitale Prozesse in der öffentlichen Verwaltung auf den hinteren Rängen rangiert (Behörden Spiegel, Juli 2024).

Dies zeigt, dass der Staat dringend nachholen und digital funktionsfähig werden muss! Behördliche Prozesse müssen schneller und effizienter werden, wenn der Staat dem wachsenden Arbeitspensum bei voranschreitenden Fachkräftemangel gerecht werden möchte.

Aufgrund des demografischen Wandels wird es unerlässlich die Digitalisierung im öffentlichen Dienst voranzubringen, um so das Personal zu entlasten. Studienergebnisse zeigen, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst diese Veränderung begrüßen. Zwei Drittel der Befragten möchten gerne mehr IT-Anwendungen im Arbeitsalltag nutzen (66 %, dbb Monitor 2024). Außerdem schätzen Befragte, dass 38 % ihrer Aufgaben automatisiert erledigt werden könnten, damit sie sich wiederum komplexeren Aufgaben widmen können. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Digitalisierung der Verwaltung keineswegs an der Bereitschaft der Beschäftigten, sondern vielmehr an der mangelhaften politischen Steuerung scheitert. Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach betont die Offenheit der Beschäftigten gegenüber der Digitalisierung: „Die Kolleginnen und Kollegen sind hoch motiviert und aufgeschlossen für Veränderungen. Für sie ist das Schneckentempo bei der Digitalisierung ebenso frustrierend wie für die Bürgerinnen und Bürger. Politik sollte dieses Potenzial endlich flächendeckend nutzen. Konzepte und Strategien wurden genug geschrieben. Jetzt ist die Zeit, um zu handeln.

Studien zeigen, dass der dbb Bundesvorsitzende zu Recht von einem „Schneckentempo“ im Hinblick auf die Digitalisierung spricht. Beispielsweise steht nicht einmal der Hälfte aller Beschäftigten eine e-Akte zur Bearbeitung von Vorgängen zur Verfügung (42 %, dbb Monitor 2024). Obwohl diese bereits vor circa 10 Jahren im E-Government-Gesetz beschlossen wurde und die Grundlage für eine vollständige Digitalisierung der Verwaltungsprozesse bilden. Somit bleiben Chancen der Digitalisierung ungenutzt – dies sehen auch die Verwaltungsangestellten so. Laut dem „Barometer Digitale Verwaltung“ (2023) gab knapp die Hälfte aller Befragten an, dass sie Zweifel daran haben, dass ihre Verwaltung die Chancen der Digitalisierung nutzt. Es zeigt sich, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes eine zeitgemäße Anpassung der Arbeitskultur sowie digitale Arbeitsprozesse verlangen. So auch dbb Bundesvorsitzender Silberbach: „Neu ist, dass der Veränderungsdruck zur digitalen Verwaltungsarbeit auch aus der Verwaltung selbst spürbar anzieht […] der Druck Prozesse zu digitalisieren und sich die Chancen der Digitalisierung zu eigen zu machen, kommt zunehmend aus der Mitte der Verwaltung – von den Mitarbeiter:innen. Die Beschäftigten haben Lust Neues auszuprobieren und wollen die Möglichkeiten der Technik nutzen.“

Die Digitalisierung der Arbeit entwickelte sich zum Attraktivitätsfaktor für Arbeitsplätze. Dies unterstreichen Studienergebnisse: 70 % sind der Überzeugung, dass die Digitalisierung ihre Arbeit erleichtert (Barometer Digitale Verwaltung, 2023). Die umfassende Digitalisierung des öffentlichen Dienstes und das Vorantreiben dieser stellt somit eine nicht zu vernachlässigende Chance dar, um Nachwuchs zu gewinnen. Nur eine digitalisierungsfreundliche Organisationskultur, welche einen umfassenden Einsatz von neuen Anwendungen und digitalen Tools ermöglicht, kann Arbeitsentlastung bringen und den Personalmangel entsprechend abfedern. Doch Studienergebnisse zeigen, dass junge Befragte eher nicht der Meinung sind, dass die Behörde die Chance der Digitalisierung erkennt. Lediglich ein Fünftel konnten dieser Aussage zustimmen. Auch die bereitgestellte Hardware wird umso schlechter bewertet, je jünger die Befragten sind. Nur 32 % der unter 30-Jährigen bewerteten diese als „sehr gut“ oder „eher gut“ (Barometer Digitale Verwaltung, 2023). Um Beschäftigte und vor allem junge Beschäftigte für den öffentlichen Dienst zu gewinnen, müssen Dienstherren die Arbeitsbedingungen an die Wünsche der Arbeitnehmenden anpassen. Aber fast die Hälfte aller Befragten fühlen sich von der Behörde bei der Digitalisierung nicht mit einbezogen (43 % dbb Monitor 2024). Dies ist laut Silberbach alarmierend: „Wenn Politik und höchste Leitungsebenen es nicht schaffen, die Kolleginnen und Kollegen trotz ihrer Digitalisierungsbegeisterung konstruktiv einzubinden, dann haben wir hier strukturelle Probleme. Ich kann den Verantwortlichen nur raten, beispielsweise auch die Personal- und Betriebsräte frühzeitig in Modernisierungsprozesse einzubinden.“

Ein praktisches Beispiel, bei denen öffentliche Arbeitgeber einen entscheidenden Attraktivitätsfaktor der Digitalisierung nicht nutzen ist das Arbeiten aus dem Homeoffice. Im Jahr 2023 können oder dürfen 28 % der Befragten nicht im Homeoffice arbeiten, obwohl über die Hälfte dieser (53 %) dies gerne tun würde. Je jünger die Befragten sind, desto stärker war der Wunsch nach der Möglichkeit, von zu Hause aus arbeiten zu können. Umso bedenklicher, dass zwei der am häufigsten genannten Hinderungsgründe die fehlenden durchgängigen digitalen Prozesse (32 %) sowie der Widerstand des Vorgesetzen (29 %) sind. Im Hinblick auf den Personalmangel kann sich dies der öffentliche Dienst nicht leisten und sollte zukünftig auf die auf dem Arbeitsmarkt geforderten Arbeitsgewohnheiten eingehen, um Arbeitskräfte zu gewinnen. Denn Silberbach warnt: „Den Personalmangel im öffentlichen Dienst dramatisch zu nennen, ist eine Untertreibung: Nach der Neubewertung der Situation durch die dbb-Mitgliedsgewerkschaften in diesem Herbst fehlen uns aktuell über 550.000 Leute. […] die politisch Verantwortlichen (müssen) endlich den Fuß von der Bremse nehmen und in den öffentlichen Dienst investieren, das Kompetenzchaos ordnen und Planungs- und Genehmigungsverfahren straffen.

Das Beschleunigen und Voranbringen der Digitalisierung im öffentlichen Dienst sieht auch die dbb jugend thüringen als essenzielle Aufgabe der Entscheidungstragenden, da diese auf allen Ebenen unerlässlich ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Nachwuchs zu gewinnen. Die Möglichkeiten der Digitalisierung bürgen ein unglaubliches Potential, welches Arbeitsprozesse effizienter machen und Mitarbeitende entlasten kann, dies darf nicht ungenutzt bleiben. So auch die Landesjugendleiterin der dbb jugend thüringen Saskia Grimm: „Die Digitalisierung bietet enorme Chancen – diese dürfen nicht ungenutzt bleiben! Um den digitalen Wandel zu beschleunigen, müssen die Bemühungen auf verschiedenen Ebenen intensiviert werden. Wir brauchen einen klaren politischen Willen, Investitionen in die IT-Infrastruktur, gezielte Weiterbildung des Personals und eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und Behörden, um Synergieeffekte zu nutzen. Hierbei sollte ein besonderes Augenmerk auf der Nutzerfreundlichkeit digitaler Verwaltungsdienste liegen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Thüringen MUSS den Anschluss an eine digitale Zukunft schaffen.

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