Stellungnahme der dbb jugend thüringen
Eine rückschrittliche Kampagne - die Kritik verdient
Unter dem Motto „Dienst macht Fortschritt“ hat die Thüringer Landesregierung eine Kampagne gestartet, welche aus Sicht der dbb jugend thüringen ziemlich rückschrittlich ist. „Die Werbung mit dem Slogan "willst du einen geilen B***Job" trägt nicht zu einem guten Stand des öffentlichen Dienstes bei. Slogans wie dieser fördern altmodische Rollenbilder.“ kritisiert die Landesjugendleiterin Saskia Grimm.
Der öffentliche Dienst steht vor der erheblichen Herausforderung den Personalmangel zu bewältigen, bereits jetzt fehlen 570.000 Beschäftigte und die großen Pensionswellen stehen noch bevor (dbb Monitor, 2025). Es ist unerlässlich, junge Menschen für den öffentlichen Dienst zu begeistern, um Fachkräfte zu gewinnen. Doch hierfür braucht es ansprechende und seriöse Werbung. Grimm betont: „Wir benötigen qualifizierte junge Menschen. Die Seriosität des öffentlichen Dienstes leidet unter derartigen Kampagnen. Eine Kampagne, die auf diese Weise Aufmerksamkeit erregen möchte, ist aus Sicht der dbb jugend thüringen nicht zielführend, um junge Menschen für den öffentlichen Dienst zu begeistern. Kampagnen müssen die Werte und die Bedeutung des öffentlichen Dienstes hervorheben, um das Interesse junger Menschen zu wecken.“
Insgesamt wurden 64.795,50 Euro für die Kampagne ausgegeben, welche weitere Slogans wie beispielsweise „Zahl‘s deinen Hippie-Eltern heim. Werd‘ Beamter“ oder „Du findest Jugendslang cringe? Probier‘s mal mit Amtssprache!“ beinhaltet. Es ist bedenklich, dass niemand der Verantwortlichen den sexistischen und frauenfeindlichen zweideutigen, aber eindeutig auf sexuelle Handlung anspielenden Slogan „Bock auf nen geilen B...Job – Mach‘s öffentlich!“ aus der Kampagne gestrichen hat.
Die Landesjugendleiterin kritisiert dies. „Die dbb jugend thüringen setzt sich für Vielfalt und Toleranz im öffentlichen Dienst ein und lehnt sexistische Werbung ab. Als junger Mensch hat man es ohnehin schwer genug ernst genommen zu werden. Wir brauchen keine Kampagne, die uns zusätzlich schlecht repräsentiert. Vor allem sind es die altmodischen Witze, auf Kosten junger Frauen, die uns nachdenklich machen. Ist es heute noch erforderlich sexistische Witze als Kampagne zu nutzen? Ich denke nicht. Jede junge Frau im öffentlichen Dienst, unabhängig von ihrer Laufbahn, kann durch fachliche Kompetenz, Leistung, Autorität und Selbstbewusstsein überzeugen. Da braucht es keine Witze, die alte Leute machen würden. Und vor Allem keine Witze auf Kosten junger Frauen.“
Dieser sexualisierte Werbekampagnenslogan ist insbesondere im Hinblick auf die Problematik der sexualisierten Gewalt am Arbeitsplatz moralisch verwerflich. Laut einer forsa Umfrage im Auftrag des dbb (2018) mussten 15 % der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sexuelle Belästigung gegenüber sich selbst und 20 % gegenüber Kollegen bzw. Kolleginnen erleben. Besonders häufig betroffen sind Frauen und unter 30-Jährige. Fast jede vierte Frau (35 %) und fast jede vierte junge Person unter 30 Jahren (37 %) mussten bereits Formen sexueller Belästigung im Arbeitsumfeld erleben. Diese Ergebnisse sind alarmierend und sollten durch Werbeslogans nicht ins lächerliche gezogen werden. Der Spruch soll Aufmerksamkeit bei jungen Menschen erfolgen aber, „Provokation kann auch qualitativ hochwertig erfolgen, ohne stereotypische Rollenbilder zu bedienen, altmodische Witze zu machen oder den Ruf des öffentlichen Dienstes zu schädigen.“ betont Saskia Grimm, die Landesjugendleiterin der dbbjth.
Die Kampagne ist mittlerweile abgeschlossen und sollte laut Staatskanzlei den Öffentlichen Dienst in Thüringen "als attraktiven Arbeitgeber mit Sinn, Sicherheit und konkreten Entwicklungsperspektiven" positionieren. Die dbb jugend thüringen erachtet die Umsetzung mit sexualisierten provozierenden Slogans jedoch mehr als fragwürdig und hofft, dass die vielseitig geäußerte Kritik ernst genommen und bei zukünftigen Kampagnen berücksichtigt wird. „Wir als dbb jugend thüringen betonen nochmals, dass der öffentliche Dienst vor erheblichen Herausforderungen steht, insbesondere im Hinblick auf den drohenden Personalmangel und die Nachwuchsproblematik. Eine Kampagne, die auf diese Weise Aufmerksamkeit erregen möchte, ist eine nicht zielführende Verschwendung von Mitteln. Denn die Kampagne spiegelt in keiner Weise die Verantwortung, die Leidenschaft und den Willen für die Bevölkerung einzustehen wider, die durch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in ihrer Arbeit an den Tag gelegt werden. Selbst als Jugendvertreterin, die gern auf moderne Wege setzt, um junge Menschen zu motivieren, kann und will ich diese Kampagne nicht vertreten.“ resümiert Saskia Grimm.
Weitere Artikel über die Kampagne:
Thüringer Allgemeine: Sexistische Werbung kostet Thüringen 65.000 Euro und eine Wiedergutmachung