Veranstaltungsbericht
Fachvortrag zur „Amtsangemessenen Alimentation Thüringen – Wie?“ am 21. Mai 2025
Am 21. Mai 2025 fand im Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt eine gemeinsame Fachveranstaltung des Thüringer Beamtenbundes (tbb) und Verband der Verwaltungsbeamten des höheren Dienstes Thüringen (VHDT) zum Thema „Amtsangemessene Alimentation – Wie?“ statt. Die Veranstaltung stieß mit rund 90 teilnehmenden Fachvertreterinnen und -vertretern auf reges Interesse.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand ein Vortrag von Herrn Dr. Schwan, der auf Grundlage umfangreicher statistischer Analysen neue Perspektiven auf die Entwicklung der Beamtenbesoldung eröffnete. Während bisherige Betrachtungen üblicherweise im Jahr 2008 ansetzen, konnte Herr Dr. Schwan auf deutlich weiter zurückreichende Daten zurückgreifen. Diese erweiterten historischen Grundlagen führen zu der Erkenntnis, dass die strukturelle Lücke in der Besoldung wesentlich größer ausfällt als bislang angenommen.
Ein zusätzlicher Aspekt, der die Besoldungslücke weiter vergrößert, ergibt sich aus dem Zeitpunkt des Inkrafttretens von Besoldungsanpassungen – üblicherweise zum Jahresende – wodurch reale Einkommenssteigerungen faktisch verzögert werden. In diesem Zusammenhang bleibt die Frage offen, welches Bezugsjahr für die Ermittlung einer amtsangemessenen Alimentation maßgeblich sein sollte.
Als besonders problematisch wurde die Abschaffung ganzer Besoldungsgruppen identifiziert. Da die jeweils niedrigsten (noch existierenden) Besoldungsgruppen als Referenzwert für die Untergrenze einer verfassungskonformen Alimentation dienen, führt dies zu systematischen Verzerrungen.
Weiterhin wurde eine strukturelle Benachteiligung der oberen Besoldungsgruppen festgestellt. Diese ergibt sich aus der zunehmenden Einführung linearer Zuschlagselemente, die zu einer sogenannten "Stauchung" der Besoldungstabellen führen. Die Hybridisierung leistungsbezogener und sozialpolitischer Komponenten innerhalb der Besoldungsstruktur – etwa in Form von Kinderzuschlägen ab dem dritten Kind oder des jüngst eingeführten alimentativen Ergänzungszuschlags – wurde kritisch reflektiert. Während sozialpolitische Elemente wie der Familienzuschlag traditionell Bestandteil der Besoldung sind, erfahren diese durch die neuen Regelungen eine erhebliche Ausweitung.
Darüber hinaus wurde die bisherige Praxis, die Amtsangemessenheit der Alimentation mittels mathematischer Verfahren auf den Cent genau zu berechnen, kritisch hinterfragt. Herr Dr. Schwan legte dar, dass eine solche Präzision der Komplexität, der zugrunde liegenden sozialen und rechtlichen Faktoren nicht gerecht werde.
Es wurde deutlich, dass viele der aufgeworfenen Fragen nicht abschließend im Rahmen einer Einzelveranstaltung beantwortet werden können. Vielmehr bedarf es politischer Aushandlungsprozesse, um tragfähige Lösungen zu entwickeln. Die im Vortrag dargelegten Analysen sowie die zur Verfügung gestellten Materialien sollen daher sowohl in die laufenden Musterklageverfahren des tbb als auch in die politische Diskussion zur Besoldungsanpassung auf Landesebene einfließen.
Angesichts der Komplexität des Themas war eine ausführliche Diskussion im Rahmen der Präsenzveranstaltung nur in begrenztem Maße möglich. Aus diesem Grund laden der tbb und der VHDT die gestrigen Teilnehmer zu einer ergänzenden digitalen Fachrunde am Freitag, den 23. Mai 2025 ein.
Zur inhaltlichen Vorbereitung sowie zur vertiefenden Auseinandersetzung mit den präsentierten Thesen werden ein Handout, PowerPoint sowie eine Kurzzusammenfassung des Vortrags bereitgestellt. Eine umfassende wissenschaftliche Ausarbeitung von Herrn Dr. Schwan im Umfang von etwa 150 Seiten wird im Laufe des Monats Juni 2025 veröffentlicht und zur Verfügung gestellt.