03. November 2021

Amtsangemessene Alimentation

Gesetz beschlossen. Was im Landtag geschah

Das Gesetz zur Gewährleistung einer verfassungsgemäßen Alimentation wurde am 22. Oktober 2021 vom Thüringer Landtag von den Regierungsfraktionen beschlossen. Das Gesetz sieht vor, dass rückwirkend ab 1. Januar 2020 in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 jeweils die Erfahrungsstufen 1 gestrichen und die kinderbezogenen Familienzuschläge für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe angehoben werden. So steigt der Kinderzuschlag für das erste Kind um 112 €, für das zweite Kind um 277,38 €, für das dritte um 308 € und für das vierte und jedes weitere um 290 €. Jedoch wurden von allen Fraktionen und Gruppen nahezu einheitlich Anträge verabschiedet, das Besoldungsgefüge im Freistaat zu evaluieren sowie jährlich für das vorangegangene Jahr die Besoldung nach den Kriterien des BVerfG zu überprüfen. Eine generelle Anhebung der Grundbesoldung, wie vom tbb gefordert, konnte nicht erreicht werden. Der tbb wird Klagen gegen die Besoldung in Thüringen führen, um langfristig für Rechtssicherheit zu sorgen. Gespräche mit dem Finanzministerium, in denen es auch um eine Musterklagevereinbarung gehen soll, sind für Mitte des Monats angesetzt.

 

Das Gesetz regelt außerdem, dass das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 3 (Professorinnen und Professoren) für das Jahr 2020 erhöht wird, weil es den Berechnungen zufolge mehr als zehn Prozent unter dem Durchschnitt des Bundes und der Länder lag.

Was geschah im Landtag?

Das Gesetz zur Gewährleistung einer verfassungsgemäßen Alimentation wurde unter TOP 32 durch die Abgeordnete Janine Merz (SPD) eröffnet, die den Gang der Entwicklung des Gesetzentwurfs der Landesregierung darstellte, ohne an einer Stelle eine inhaltliche Aussage zu machen. Sie erwähnte dabei das von Bündnis 90/ Die grünen in Auftrag gegebene Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Thüringer Landtags, das in den Debatten im HuFa Berücksichtigung fand. Zu einem späteren Zeitpunkt führte sie weiter aus, dass die Familienzuschläge verfassungskonform seien, auch sei das Abstandsgebot gewahrt. Für das im Gesetzentwurf geregelte Vorhaben würden 50 Mio. € an Mehrkosten aufgewendet werden, was nicht als Kosteneinsparung mit Blick auf die gerade vollzogenen Haushaltsdebatten zu werten sei. Sie erwähnte, dass auch vom Gericht dem Besoldungsgesetzgeber vor dem Hintergrund der Leistungsfähigkeit ein Gestaltungsspielraum zugestanden wurde. Der Änderungsantrag zum Gesetz mache deutlich, dass die Besoldung nunmehr regelmäßiger Beobachtung bedarf. Sie stellte den Entschließungsantrag von RRG vor, der den Bedarf einer Evaluierung des Besoldungsgefüges vorsieht.

Im Anschluss bedankte sich Maik Kowallek (CDU) erstmal bei allen Beamtinnen und Beamten für ihre Arbeit. Der große Entwurf sei mit dem Gesetzentwurf nicht gelungen und bleibe ein reines Reparaturgesetz. Es sei ein erster Schritt. Er begründete im Weiteren vor allem den gemeinsam mit der Gruppe der FDP eingebrachten Entschließungsantrag, dabei wurden zwar zukünftig deutliche Änderungen im Thüringer Besoldungsrecht angemahnt. Aus der Stellungnahme des Rechnungshof wurde zitiert, dass nur Symptome behandelt worden wären. Es sei mehr nötig, um das Beamtentum für künftige Generationen fortlaufend attraktiv zu halten. Zwar hat er umfassende Gespräche und entsprechende Beteiligungen seitens insbesondere des tbb, aber auch der weiteren Gewerkschaften und Verbände angekündigt bzw. angemahnt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gutachten sowie weiteren kritischen Stellungnahmen geschah nicht.

Im Weiteren hat die Abgeordnete Anja Müller (Die Linke) ausschließlich zu den vom Gesetz vorgesehenen Anerkennungsleistungen für ehemalige angestellte Professoren neuen Rechts Stellung genommen.

Im Anschluss führte Robert-Martin Montag seitens der Gruppe der FDP aus, dass die Alimentation im Freistaat seit Jahre verfassungswidrig sei. Der Gesetzentwurf versuche, das zu beheben, könne aber nur eine Zwischenlösung sein, wobei viele Fragen offenblieben, nicht zuletzt die vom Entwurf vorgenommene centgenaue Berechnung. Zukünftig müsse das Besoldungsrecht mit jeder Änderung in der Sozialgesetzgebung verändert werden. Er kritisiert, dass die Besoldung nicht mehr allein auf eine Wertigkeit des Amts abstellt. Die FDP fordert einen umfassenden Blick auf die Beamtenbesoldung mit Blick auf künftige Fachkräftegewinnung. Am Ende begründete er den gemeinsamen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der Gruppe der FDP.

Der Abgeordnete Ringo Mühlmann (AfD) ging zunächst zustimmend auf die Anerkennungsleistungen für die ehemalig angestellten Professoren neuen Rechts ein und bezeichnete den Gesetzentwurf im Anschluss als beschämend. Er zitierte danach korrekt die ablehnenden Stellungnahmen des BDVR sowie des tbb und des wissenschaftlichen Diensts sowie des Thüringer Rechnungshofs, um daraufhin ein Rosinenpicken zulasten der Beamten zurückzuweisen und hervorzuheben, dass die Thüringer Beamten zu Melkkühen gemacht werden würden. Am Ende beantragte er seitens der Fraktion der AfD die Rücküberweisung des Gesetzentwurfs in den Haushalts- und Finanzausschuss.

Die Finanzministerin Heike Taubert (SPD) betonte in ihrer Rede zunächst, dass das Thema schwierig sei. Der Gesetzentwurf sei verfassungskonform, was von keiner Seite, weder vom tbb noch vom Richterbund, anders gesehen werde. Der Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen würde dem Wunsch des tbb nachkommen. Zentral sei die Aufkommensneutralität und die Gerechtigkeit im öffentlichen Dienst. Denn der Dienstherr könne den Beamten nicht 400,- € brutto mehr zubilligen, da das Land als Arbeitgeber keine Handhabe habe, Tarifbeschäftigte entsprechend zu entlohnen. Die Ansicht des BDVR sowie des tbb als Interessensverbände sei von der jeweiligen Funktion des einzelnen Richters und Beamten zu unterscheiden, als solche würden sie eine andere Sichtweise vertreten, als als Interessensvertreter.


Ergebnis der Zweiten Lesung im Landtag

Der Antrag der Fraktion der AfD auf Rücküberweisung des Gesetzentwurfs in den Haushalts- und Finanzausschuss wurde bei Zustimmung vonseiten der AfD und Enthaltung vonseiten der FDP von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses wurde bei Zustimmung der Regierungsfraktionen und Enthaltung aller anderen Mitglieder des Landtags (CDU, FDP, AfD) angenommen, um im Anschluss entsprechend die zweite und dritte Lesung des Entwurfs zu beenden, mit welcher letzterer das Gesetz verabschiedet wurde.
Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Gruppe der FDP wurde einstimmig angenommen, jener der Regierungsfraktionen bei Zustimmung aller Parteien mit Ausnahme der Fraktion der AfD und ohne Enthaltungen ebenfalls.

 

Fazit

Thüringen ist das erste Bundesland, dass das Urteil des BVerfG versucht, in einem Gesetz umfassend umzusetzen. Die Entschließungsanträge sowie die Tatsache, dass das Gesetz am Ende nur noch mit den Stimmen der Regierungsfraktionen verabschiedet wurde, geben uns einen Hoffnungsschimmer. Auch die Äußerung der Finanzministerin Taubert, dass man im Rahmen einer nun geplanten Evaluation auf den Beamtenbund zugehen würde, stimmen etwas zuversichtlicher.

Was bleibt ist jedoch die nunmehr in Umsetzung sich befindende Absicht des tbb Klagen zu führen. Im Jahr 2020 gab es fast 14.000 Widersprüche gegen die Besoldung. Wie viele Beamtinnen und Beamten werden nun den Weg in die Klage mit uns gehen? Lieber wäre uns ein vorläufiger Rechtsfrieden über eine Musterklagevereinbarung.

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