26. April 2021

Welchen Staat wollen wir uns leisten?

Kritik an der Besoldung der Landes- und Kommunalbeamten in Thüringen

Die Besoldung in Thüringen ist in den unteren Besoldungsgruppen bis zur A9 als Eingangsamt im gehobenen Dienst evident unzureichend. Dies betrifft mindestens 8.900 Beamte und damit mehr als ein Viertel der Landes- und Kommunalbeamten. Zu diesem Ergebnis kam der Thüringer Beamtenbund nach Überprüfung der Thüringer Besoldung anhand der Maßgaben, die das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr für die Richterbesoldung in Berlin festgesetzt hatte. Das Thüringer Finanzministerium räumte dies ebenfalls ein.

 „Die rot-rot-grüne Regierung muss nun zeigen, dass sie Verantwortung für den funktionierenden Rechtsstaat übernehmen kann", so die beamtenpolitische Sprecherin des Thüringer Beamtenbundes Nicole Siebert. Sie wies auch auf Folgen für die übrigen Besoldungsgruppen in Thüringen hin: " Bei einem so gravierenden Verstoß über die gesamten Besoldungsgruppen des mittleren und das Eingangsamt des gehobenen Dienstes muss klar sein, dass die Grundbesoldung für alle Beamten anzuheben ist.“ Es sei an der Zeit, gute Arbeit nicht nach Haushaltslage, sondern nach Wert zu schätzen. Der Staat braucht die besten Köpfe und die muss man auch bezahlen, damit sie kommen, so die Beamtenbundsvize.

Trotz eingeschränkter Personal- und Sachausstattung funktioniert der Beamtenapparat im Land. Gerade in Thüringen befinden sich viele Kollegen und Kolleginnen im Polizei- und Strafvollzugsdienst, an den Gerichten, den Finanzämtern, der Feuerwehr- und der Ordnungsverwaltung in der Besoldungsgruppe bis zur A9. Für diese ist eine Alimentation an der Grenze zur sozialen Grundsicherung ein „no-go“ für eine unabhängige rechtsstaatliche Verwaltung, so der Beamtenbund.

Der Vorsitzende des Thüringer Beamtenbundes Frank Schönborn kritisiert das Verhalten des für die Besoldung der Beamten zuständigen Thüringer Finanzministeriums in Bezug auf die Ankündigungen zu einer Veränderung der Besoldung: "Die Reaktion von Seiten des Finanzministeriums auf die Besoldungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist irritierend. Wir hätten nach den sehr deutlichen Worten in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - und der darauf folgenden Erkenntnis, dass dies auch für Thüringen gilt- erwartet, dass es dem Land zumindest unangenehm ist, seine Beamten jahrelang evident unzureichend besoldet zu haben."

Das Land plant nach Ankündigung der Finanzministerin hingegen nur eine Anhebung der Kinderzuschläge. Der Beamtenbund sieht darin eine massive Ungleichbehandlung: „Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Abstands zu den Grundsicherungsleistungen in vielen Besoldungsgruppen wird unmissverständlich erkennbar, dass ein besoldungsrechtliches Strukturproblem vorliegt, welches sich nicht allein durch eine Korrektur von kindbezogenen Anteilen im Familienzuschlag verfassungskonform und rechtssicher beheben lässt, da diese nicht „versorgungsrelevant“ sind und auch nicht für kinderlose Beamte wirken.“

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom Mai 2020 dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung bis spätestens 1. Juli 2021 eingeräumt.

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