29. Mai 2024

Bundesverfassungsgericht

Polizeipräsidenten als politischer Beamter: verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 9. April 2024 entschieden, dass die Möglichkeit der jederzeitigen Versetzung eines Polizeipräsidenten in den einstweiligen Ruhestand einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Lebenszeitprinzip darstellt. Damit steht fest, das Amt des Polizeipräsidenten darf nicht als politisches Amt eingestuft werden.

Mit dem am 16. Mai 2024 veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass eine dementsprechende Regelung im Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) mit Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und nichtig ist. Die Vorschrift stuft die Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen als politische Beamte ein und ermöglicht damit ungeachtet ihres Status als Beamte auf Lebenszeit ihre jederzeitige Versetzung in den einstweiligen Ruhestand.

Ungerechtfertigter Eingriff in das Lebenszeitprinzip

Das BVerfG entschied nun, dass die Einstufung der Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen als politische Beamte einen Eingriff in das Lebenszeitprinzip darstellt, der nicht durch besondere Sacherfordernisse des betroffenen Amtes gerechtfertigt ist. Zwar sei die Möglichkeit, politische Beamte jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen zu können, als Durchbrechung des Lebenszeitprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) grundsätzlich verfassungsrechtlich anerkannt, müsse jedoch auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Die Einstufung als politische Beamte sei nur dann gerechtfertigt, wenn diese nach der Art ihrer Aufgaben in besonderer Weise des politischen Vertrauens der Staatsführung bedürfen und in fortwährender Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen.

Weder der Aufgabenbereich des Polizeipräsidenten oder der diesem Amt zugemessene Entscheidungsspielraum noch seine organisatorische Stellung, der Umfang der dem Amt auferlegten Beratungspflichten gegenüber der Landesregierung oder andere Gesichtspunkte weisen dieses Amt als ein „politisches“ im oben genannten Sinne aus.

Auch aktuelle Gesetzesfassung in Thüringen betroffen

Auch in Thüringen ist der „Präsident der Landespolizeidirektion“ in § 27 Abs. 1 Nr. 4 ThürBG als politisches Amt festgelegt. Hier bedarf es einer Änderung.

Die Reduzierung der Anzahl der Ämter der politischen Beamten ist eine langjährige Forderung des tbb. So hatten wir uns für eine Reduzierung um weitere Ämter, wie den Präsident des Landesverwaltungsamtes, den Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz und den Direktor beim Landtag eingesetzt, zusätzlich zum Präsidenten der Landespolizeidirektion. Schwerpunkt unserer Kritik war immer die Bedeutung des Lebenszeitprinzips verwiesen und der Ausnahmecharakter von politischen Beamten.

Wir hatten unsere Bedenken in zahlreichen Stellungnahmen gegenüber der Landesregierung und dem Thüringer Landtag geltend gemacht. Mit dieser Entscheidung wird unsere Rechtsauffassung nunmehr bestätigt.

Quelle:

BVerfG, Beschluss v. 9.4.2024, 2 BvL 2/22

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 44/2024 vom 16.5.2024

zurück