19. August 2024

Tarifvertrag darf Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließen

Das Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat heute anders als das Arbeitsgericht Essen den Antrag der Klägerin auf Zahlung des vollen Inflationsausgleichs zurückgewiesen (Der tbb hatte über das erstinstanzliche Urteil des AG Essen berichtet). Vielmehr dürfen tarifliche Inflationsausgleichszahlungen während der Elternzeit ausgesetzt werden. Das erstinstanzliche Urteil hatte ursprünglich die Inflationsausgleichszahlung zugesprochen.

Das LAG Düsseldorf wies anders als die Vorinstanz somit den Antrag der Klägerin auf Zahlung der vollen Inflationsausgleichsprämie zurück. Die tarifliche Regelung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sie sei wirksam. Die Tarifvertragsparteien dürfen den Bezug von Entgelt an mindestens einem Tag als Anspruchsvoraussetzung für den Inflationsausgleich festlegen.

Weil das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit - ausgenommen die Teilzeittätigkeit - ruht, erfüllt die Klägerin diese Voraussetzung nicht. Sie hat keinen Entgeltanspruch. Diese Differenzierung ist auch sachlich gerechtfertigt und stellt keine mittelbare Diskriminierung dar, weil der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolgt. Er ist arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet. Fehlt es daran völlig, weil nicht an einem Tag ein Entgeltanspruch besteht, besteht kein Anspruch.

Soweit Beschäftigte, die Krankengeld bzw. Kinderkrankengeld beziehen, einen Inflationsausgleich erhalten, erfolgt dies aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Für diese durften die Tarifvertragsparteien andere Regelungen vorsehen als für Beschäftigte in Elternzeit. Die Inanspruchnahme einer Elternzeit ist im Regelfall planbar, die eigene oder die Erkrankung des Kindes tritt dagegen typischerweise plötzlich und unerwartet auf.

Die Kammer hat der Klägerin lediglich aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit für den Monat Dezember 2023 einen Inflationsausgleich von 220,00 Euro zugesprochen. Sie hatte in diesem Monat an einem Tag Anspruch auf Arbeitsentgelt. Für die Höhe der Inflationsausgleichsprämie ist die am ersten Tag des Bezugsmonats vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich. Diese war am 01.12.2023 noch fiktiv 100%. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 8.000,00 Euro wegen unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung (§ 15 Abs. 2 AGG) hatte keinen Erfolg, weil die Kommune die Klägerin nicht wegen des Geschlechts diskriminiert hat.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen. Die betroffene Angestellte könnte sich also noch vor dem BAG gegen die Entscheidung wehren.

 

Quellen:

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2024 – 14 SLa 303/24; Pressemitteilung Nr. 10/2024

Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 16.04.2024 – 3 Ca 2231/23

vorhergehende Berichterstattung des tbb hierzu

 

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