Thüringer Beamtenbund zu den aktuellen Tarifverhandlungen TV-L 2021
Thüringen fehlt die Weitsicht
Der Vorsitzende des Thüringer Beamtenbundes kritisierte vor allem die Forderungen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zur 'Neubewertung' des Arbeitsvorgangs scharf: „Die TdL will die Konfrontation! Die TdL will eine Verschlechterrung der Eingruppierung! Das heißt, Sie will Geld sparen an allen Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes! Wir werden nicht hinnehmen, dass die Beschäftigten die erkämpfte lineare Erhöhung am Ende selbst bezahlen.“
Die TdL hat angekündigt, mit einer Neudefinition des so genannten Arbeitsvorgangs an die Eingruppierung und damit an die Entgelthöhe bei vielen Beschäftigten ran zu wollen. Laut TdL wird es im Herbst keine Tarifeinigung geben, wenn nicht die Gewerkschaften ihre Zustimmung zu Verschlechterungen bei der Eingruppierung geben.
„Thüringen fehlt die Weitsicht im Öffentlichen Dienst.“ Frank Schöneborn, der Landesvorsitzende des Thüringer Beamtenbundes (tbb), „Nicht nur, dass der Freistaat sich die geringste Ausbildungsquote deutschlandweit leistet, nun unterstützt ausgerechnet ein Bundesland mit einem ehemaligen Gewerkschafter an der Spitze massive potentielle Einsparungen beim Personal des Freistaats.“ Das verschärfe den Personalmangel, „der eh schon akut ist, was Schlagzeilen zu dessen Folgen in der Landeshauptstadt jüngst belegten“. Gerade auch die fehlende Ausbildung ginge zu Lasten der Wirtschaft, die jahrelang von „kostenfrei und mundgerecht“ durch den Freistaat qualifizierten ausgebildeten Fachkräften profitieren konnte.
Schönborn trifft sich am 15. Oktober 2021 mit den 34 Landesvorsitzenden jener Gewerkschaften, die im Thüringer Beamtenbund (tbb) organisiert sind in Gotha. Er wolle ein Stimmungsbild aus den Mitgliedsgewerkschaften zu diesen und anderen Problemen haben: „Es geht auch darum, wie groß die Bereitschaft z.B. für Warnstreiks ist.“
Die könnten unausweichlich sein, denn erstmals in der Geschichte des tbb habe die Arbeitgeberseite Forderungen diktiert. Man werde nur verhandeln, würden die vorab akzeptiert: „Das ist ein bundesweit einmaliger Akt und völlig indiskutabel.“
Dass Warnstreiks Massen mobilisieren, habe er am Mittwoch in Wiesbaden erlebt: Dort hatten rund 800 hessische Landesbeschäftigte demonstriert – unter-stützt u.a. von solidarischen Thüringern: „Wir stehen halt zusammen und füreinander ein“, kommentierte Schönborn. Über die Demo war bundesweit berichtet worden.
Hintergrund:
Am 8. Oktober 2021 starteten in Berlin die Verhandlungen für den Tarifvertrag der Länder (TV-L). Davon sind landesweit etwa 62.000 Beschäftigte betroffen: Direkt ca. 31.500 Tarifbeschäftigte des Landes, indirekt ca. 30.700 Landes- und Kommunalbeamtinnen und -beamte. In Thüringen gibt es derzeit 620 Auszubildende sowie 1.580 Anwärterinnen und Anwärter auf Landesebene sowie 125 Anwärterinnen und Anwärter auf kommunaler Ebene, für die die Ergebnisse dieser Einkommensrunde relevant sind. Die zweite und dritte Verhandlungsrunde finden am 1./2. November 2021 und am 27./28. November 2021 in Potsdam statt.