16. Mai 2022

Bildungspolitik

Wie es gelingt, den Erzieherberuf attraktiv zu machen?

Mittlerweile gibt es kaum einen Kindergarten, der aktuell nicht vom Personalmangel betroffen ist. Erhöhter Arbeitsbelastung, derzeitige und künftige Renteneintritte, Urlaubs- oder Krankheitsfälle, Beschäftigungsverbote, zu wenige Auszubildende usw. erhöhen die Not.

Auch hauseigene Tarife verschiedener Träger oder die Unterschiede von Teilzeit- oder Vollzeitangeboten führen zunehmend zur Konkurrenz auf dem Einstellungsmarkt. Doch was kann perspektivisch geschehen, um diese prekäre Situation zu lösen und den Arbeitsmarkt „Kindergarten“ zu entspannen? Obwohl es bereits 2020 zu Lockerung der Einstellungsregeln kam, wonach Sozialassistenzen und Kinderpfleger 10% des Personals einer Kita abdecken können, hat diese Idee kaum zu einer Entlastung der Personalsituation geführt, zumal die Assistenzen lediglich unterstützend, nicht eigenverantwortlich tätig sind.

Deshalb sollte das System „Erzieheraus- und -weiterbildung“ aus unserer Sicht von Grund auf neu gedacht werden.

Wie gelingt es, den Erzieherberuf attraktiv für junge Menschen und Seiteneinsteiger zu machen?

Gegenwärtig lernt ein Auszubildender 5 Jahre auf eigene Kosten, um Erzieher werden zu können. Neben der Verschuldung schlägt die hohe Ausbildungszeit auf die Motivation. Deshalb fordern wir, die Ausbildungszeit generell auf 3 Jahre zu verkürzen und den Sozialassistenten in diese Ausbildungszeit zu integrieren, statt ihn für die Ausbildung als Grundlage einzufordern. Die Ausbildung muss ähnlich wie beim derzeitigen Thüringer Modellprojekt „PiA“ vergütet werden. Zusätzlich sollte die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht werden.

Des Weiteren ist es maßgeblich, den Praxisbezug zu erhöhen. Dies gelingt durch eine mind. 6-8-wöchige Vorableistung als Voraussetzung für die Ausbildung. Außerdem sollen die Praxisphasen erhöht bzw. verlängert werden, um so den Auszubildenden einem Praxisschock zu entziehen. Gleichzeitig würden die Auszubildenden dadurch den Kindergärten als praktische und in einem lehrreichen Lernumfeld dienende Arbeitskraft zur Verfügung stehen.

Wie gelingt es, den Erzieherberuf attraktiv für Sozialassistenten und Kinderpfleger zu machen?

Neben den erleichterten Einstellungsregeln aus dem Jahr 2020 wäre es bedeutend, diese Festlegung über das Jahr 2023 hinaus zu verlängern, sodass Kindergärten weiterhin die Möglichkeiten der Unterstützungen nutzen können. Darüber hinaus muss es zu einer prozentualen Verringerung kommen. Auch kleinere Kindergärten mit weniger als 10 Erziehern sollten die Chance erhalten, einen Sozialassistenten einzustellen. Um jedoch auch den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, sollte es künftig möglich sein, eine Erfahrungsanerkennung sowie Weiterqualifizierungen von Hilfskräften für den beruflichen Aufstieg zu gewährleisten. Außerdem muss zeitnah eine Qualifizierung von derzeitigen Hilfskräften über kurze Bildungswege ermöglicht werden, um so zügig qualifizierte und eigenverantwortliche Erzieherkollegen zu gewinnen.

Wie gelingt es, den Erzieherberuf im Gesamten attraktiv zu machen?

Es wird deutlich, dass der Beruf eines Erziehers prinzipiell eines Imagewandels bedarf. Doch dazu muss es auch gelingen, dass zur Kindergartenvielfalt (Sprachkitas, Vielfalt vor Ort, usw.)  Zusatzqualifizierung von staatlich anerkannten Erziehern gefördert und schlussendlich nach Abschluss auch entsprechend vergütet werden muss. Außerdem muss der Umstand abgeschafft werden, dass die Vergütung als Erzieher in einer Kindertageseinrichtung sich signifikant von der Vergütung eines Hortners oder Heimerziehers unterscheidet. Rein monetäre Gründe dürfen nicht zu Abwanderungen des Personals aus Kitas führen. Demzufolge müssen auch hauseigenen Tarifverträge der Träger angemessen gestaltet werden. Wünschenswert wäre es, eine landesweit einheitliche Vergütung unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten bei Erziehern zu ermöglichen. Ferner sollte über den Beschäftigungsumfang der Verträge nachgedacht werden. Bei den aktuellen Vergütungen sind angebotene Teilzeitverträge unrentabel und unattraktiv, sodass Grundlagen zumindest eine Vollzeitbeschäftigung sein sollten, die individuell nach den Bedürfnissen des Erziehers reduziert werden können.

Die momentane Lage ist ernst und muss baldigst reformiert und neu strukturiert werden, damit der „Personalmangel“ nicht mehr in jeder Kita Thüringens zu einem tagtäglich gebrauchten Begriff wird.

 

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