12. Juni 2024

NachWuchsKampagne

Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus! – Für sichere Arbeitsplätze und weniger Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

Die Schlagzeilen, in denen von Gewalt gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes berichtet wird, häufen sich, jüngste Ereignisse zeigen, dass Gewalterfahrungen am Arbeitsplatz bedauerlicherweise kein Rand-, sondern ein Massenphänomen darstellen.

Zunehmend werden Menschen beleidigt, bedroht und angegriffen, welche tagtäglich Arbeit leisten, die der Gesellschaft dient. Studien zufolge haben bereits 23 % der Beschäftigten Gewalterfahrungen machen müssen, in anderen Beschäftigungsbereichen sogar ein Drittel aller Befragten (Feuerwehr, Rettungskräfte, Justizvollzug, Ordnungsamt).


Dabei sind die Facetten der Gewalt vielseitig: Beleidigungen, verbale und körperliche Bedrohungen sowie körperliche Angriffe – alle Arten sind verwerflich und sollten von keinem Beschäftigten hingenommen werden müssen. Dennoch meldeten die befragten Behörden (N=1.465) im Schnitt 16 Fälle pro Jahr auf 1.000 Beschäftigte. Besonders betroffen waren hierbei Gerichtsvollzieherinnen und -vollzieher (114 Fälle), die Bürgerämter (189 Fälle) sowie die Ordnungsämter (314 Fälle).
Erschreckend ist darüber hinaus die Tatsache, dass lediglich 30 % der erlebten Übergriffe gemeldet werden und die Dunkelziffern somit noch weitaus höher sind. Die Dunkelziffer scheint dabei mit der Schwere der Straftat abzunehmen. Laut der Befragung wurden 38 % der Körperverletzungen und sogar 72 % der Beleidigungen nicht gemeldet. Besonders alarmierend ist, dass im Durchschnitt 68 % der Fälle von sexueller Gewalt nicht gemeldet wurden.


Diese bedenklichen Ergebnisse werfen die Frage auf, warum so viele Übergriffe im Dunkeln bleiben und nicht gemeldet werden. Scheinbar sind Betroffene resigniert und ermüdet durch ein schlechtes Aufwand-Nutzen-Verhältnis von Meldungen. Die Mehrheit (56 %) gab an, Gewalterfahrungen nicht zu melden, da sie keine Änderung der Situation erwarten. Ein Drittel erachtet den Aufwand zu hoch (32 %). Außerdem scheinen Beschäftigte sich vor den Konsequenzen einer Meldung zu fürchten, 11 % gaben an, dass Meldungen nicht gerne gesehen werden und ebenso viele haben Angst vor negativen Konsequenzen, wenn sie Übergriffe melden. Einige Befragte (3 %) gaben sogar als Grund für eine Nichtmeldung an, dass Vorgesetzte angewiesen haben, Übergriffe nicht zu melden. Diese Zahlen sind höchst bedenklich und sollten als Mahnung für ein Umdenken ausreichen.


Arbeitgebende sollten Ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und Beschäftigte durch geeignete Präventionsmaßnahmen schützen, Meldesysteme müssen einfach gestaltet und bürokratische Hürden abgebaut werden. Des Weiteren müssen Vorgesetzte Übergriffe ernst nehmen und Betroffene unterstützen. Die Angst vor Gewalterfahrungen darf nicht der tägliche Begleiter auf Arbeit sein!


Es braucht eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber Gewalt und Beschäftigte müssen sich sicher sein, dass der Arbeitgeber ihnen den Rücken stärkt. Ein attraktiver Arbeitgeber sorgt dafür, dass sich Beschäftigte sicher fühlen – dies ist ein Zeichen von Wertschätzung. Der öffentliche Dienst Thüringens muss attraktiver für Nachwuchskräfte werden und dazu zählen nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Faktoren. Es bedarf einer guten Arbeitsatmosphäre und Berufsanfänger*innen müssen sich darauf verlassen können, dass der öffentliche Arbeitgeber sie vor Gefahren schützt. Die Hauptverantwortung für einen sicheren Arbeitsplatz obliegt dem Arbeitgeber, dieser Verantwortung darf er sich nicht entziehen! Andernfalls ist ein Job im öffentlichen Dienst zunehmend unattraktiv. Denn: „So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus!“


Studienergebnisse aus: „Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst“ von Katharina Bühren, Coline Kuche, Axel Piesker, Benedikt Steffens, Carolin Steffens, Sarah Tritsch, Fabienne Uhlig und Jan Ziekow, August 2022
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