NachWuchsKampagne
Wir wollen nicht in den sauren Apfel beißen! Die Arbeitsbedingungen von Morgen schon Heute verbessern.
Die Aufgaben des Staats und der Verwaltung sind vielfältig und deren Qualität ein wichtiges Gut. Bürger und Bürgerinnen erwarten zu Recht einen starken, kompetenten und zuverlässigen öffentlichen Dienst. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, benötigt es verantwortungsvolle öffentliche Arbeitgeber, welche ihren Mitarbeitenden attraktive und moderne Arbeitsbedingungen anbieten. Denn nur engagierte Beschäftigte können den aktuellen Herausforderungen gerecht werden und einen leistungsstarken öffentlichen Dienst gewährleisten.
Doch wie das Bundesministerium des Innern und für Heimat (2024) berichtet, haben sich die Beschäftigungsbedingungen in den vergangenen Jahren stetig verändert: Stellenabbau, ein steigendes Durchschnittsalter des Personals und der einhergehende Fachkräftemangel, der Einsatz neuer Technologie sowie steigende Erwartungen der Bevölkerung, sind nur einige Beispiele für die zunehmenden Herausforderungen. Mitarbeitende des öffentlichen Dienstes fühlen sich stark belastet, alarmierende 19 % der Befragten gaben an, an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit zu arbeiten - dieser Wert liegt über den Werten der Privatwirtschaft. Die Beschäftigten fühlen sich gehetzt, leiden unter Zeitdruck und müssen zahlreiche Aufgaben zeitgleich übernehmen (BIBB/BAuA 2018). Es ist kein Geheimnis, dass der öffentliche Dienst unter einem Personalmangel leidet, auch die Beschäftigten sind von vorangegangenen Personaleinsparungen und Verrentungswellen betroffen. Eine Umfrage des Newsletters „öffentlicher Dienst“ im Jahr 2024 ergab, dass nahezu drei Viertel der Befragten feststellen, dass in ihrem Arbeitsbereich ausgeschriebene Stellen nicht zeitnah oder gar nicht besetzt werden. Laut den Ergebnissen des jährlichen DGB-Index „Gute Arbeit“ sehen 54 % der Befragten die knappe Personalbemessung als Hauptursache für die hohe Arbeitsbelastung an (2024).
Ohne eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen wird sich die Personalsituation nicht entspannen, denn die Gewinnung und Bindung von Arbeitskräften ist abhängig von der Qualität der Arbeitsbedingungen: Je schlechter Arbeitsbedingungen sind, umso schwieriger lassen sich offene Stellen besetzen. Umso besorgniserregender ist ein Umfrageergebnis (öffentlicher Dienst News, 2024), welches zeigt, dass fast die Hälfte aller Befragten (45 %) nicht zufrieden mit den Bedingungen ihres Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst sind. Sie gaben den Arbeitsbedingungen die Schulnote „ungenügend“ (23,9 %), „mangelhaft“ (15,6 %) oder „schlecht“ (5,5 %). Dies zeigt, dass der öffentliche Arbeitgeber dringend einen Verbesserungsprozess der Arbeitsbedingungen initiieren muss!
Die „Baustellen“ wurden bereits durch Studien identifiziert und auch die dbb jugend fasste im Januar 2025 zehn notwendige zentrale Forderungen für einen modernen öffentlichen Dienst zusammen (siehe hier). In der Untersuchung von PD-Impulse (2020) zu Handlungsfeldern zur Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Arbeitgebers kristallisieren sich fünf Leistungsfelder heraus, welche von den Beschäftigten als sehr relevant aber als schlecht umgesetzt angesehen werden:
- Honorierung von Leistung
- eine angemessene Führungskultur
- Fehlerkultur in der Arbeitsorganisation
- Gerechte Verteilung von Arbeitslast
- Aufstiegsmöglichkeiten
Draus lassen sich bereits Maßnahmen für eine Optimierung der Arbeitsbedingungen ableiten: Beschäftigte wünschen sich eine Honorierung ihrer Leistungen, diese muss jedoch nicht immer monetär ausfallen. Studienergebnisse zeigen, dass monetäre Honorierungen sogar ein weniger effektives Mittel sind, um Leistungen wertzuschätzen (PD-Impulse, 2020). Bedeutsamer ist es, das Beschäftigte Wertschätzung über die Kultur des „kein Tadel ist Lob genug“ hinausgehend erfahren. Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit der einzelnen Beschäftigten kann durch verbale Würdigung unterstützt werden. Dabei sollte der Fokus nicht auf dem wie, sondern mit welcher Wirkung eine Aufgabe erledigt wird liegen. Auch durch das Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen können Leistungen entsprechend honoriert werden. Hierfür bedarf es einer unterstützenden und motivierenden Führungskultur. Je kompetenter das Führungspersonal, desto attraktiver erscheint ein Arbeitgeber. Bereits bei der Auswahl des Führungspersonals, sollte auf Führungskompetenzen wert gelegt werden, sodass eine kooperative und partizipative Führung gelingt. Die Führungspraxis hat einen wesentlichen Einfluss auf die gelebte Fehlerkultur – Fehler sollten als Chance zur Verbesserung und als Lerneffekt und nicht als Degradierungsmittel genutzt werden.
Des Weiteren legen Beschäftigte viel Wert auf Gerechtigkeit, auch eine gerechte Aufteilung der Arbeitslast ist bedeutsam. Hierfür bedarf es einer verstärkten Flexibilisierung der Stellen, um dynamische Veränderung von Arbeitslasten gerecht zu werden. Die Situation der eingeschränkten Mitarbeiterkapazitäten darf nicht durch starre Regulationen verschärft werden.
Aufstiegschancen sind für die Motivation und Wertschätzung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst wie bereits angedeutet unerlässlich. Insbesondere junge Menschen legen viel Wert auf Karrieremöglichkeiten und transparente -wege (Next:Public, 2019). Daher empfiehlt es sich, formale Hürden abzubauen und die Aufstiegschancen zwischen den Laufbahngruppen zu erhöhen. Somit gelingt eine gesteigerte Motivation der Beschäftigten und eine erhöhte Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes.
Die vorangegangene Beleuchtung zeigt, dass der Staat handeln und die Arbeitsbedingungen verbessern muss - nur so kann es gelingen, den öffentlichen Dienst als attraktiven Arbeitgeber zu etablieren. Dies ist essenziell, um Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Denn wir als Beschäftigte im öffentlichen Dienst wollen und werden nicht in den sauren Apfel beißen und uns mit Phrasen wie „Das haben wir immer schon so gemacht.“, „Das geht nicht.“ und „Dafür fehlen die Ressourcen.“ abspeisen lassen. Wir fordern die öffentliche Arbeitgeberseite dazu auf, die Arbeitsbedingungen von Morgen schon HEUTE zu verbessern!
