13. Juli 2021

Amtsangemessene Alimentation

Zusammenfassung der Reden im Thüringer Landtag

Der Gesetzentwurf (GE) der Landesregierung zur Wiederherstellung einer verfassungsgemäßen Alimentation wurde in den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Die Einbringung des GE in der 1. Lesung kann nachgehört werden (TOP 16).

Zusammenfassung der Redebeiträge

Von Finanzministerin Taubert wurden die Grundzüge des Gesetzentwurfes erläutert. Die nur auf den Kinderzuschlag bezogenen Änderungen im Besoldungsgefüge, um den Mindestabstand zur Grundsicherung (Hartz4/Sozialhilfe) zu erreichen, wurde damit begründet, dass die Kinder ursächlich dafür sind, dass der Mindestabstand zur Grundsicherung nicht eingehalten wurde (wird). So hieß es in der Rede: „… möchte ich betonen, dass durch den Gesetzentwurf die Familienzuschläge nicht nur in den unteren Besoldungsgruppen und auch nicht gestaffelt nach zum Abstand zur Grundsicherung, sondern für alle Beamtinnen und Beamte in gleicher Höhe entsprechend dem Abstand zur Grundsicherung, der sich bei der Besoldungsgruppe A6 ergibt, angehoben werden sollen. Hierdurch werden zugleich Ausstrahlungswirkungen in höheren Besoldungsgruppen vermieden, welche von der Verletzung des Mindestabstandgebotes von den unteren Besoldungsgruppen ausgehen können… .“

Von daher wäre die Vorgehensweise auch sach- und verursachergerecht. Die Forderung des tbb zur Anhebung der Grundbesoldung sei mit 350 Mio. EUR hingegen nicht finanzierbar. Weitere Maßnahmen sind in Anbetracht der derzeitigen Haushaltssituation daher auch nicht angebracht. Im Übrigen erfolgt eine laufende Evaluation der besoldungsrechtlichen Regelungen. Hierbei sollen auch aufkommensneutrale strukturelle Veränderungen zur Verbesserung der Attraktivität und der Zukunftsfähigkeit des Freistaates geprüft werden.

Abgeordneter Kemmerich (FDP) wies auf die bevorstehenden Fachkräftegewinnungsprobleme hin, die der Freistaat Thüringen gemeinsam mit der freien Wirtschaft in den nächsten Jahren haben werde. Insoweit bedarf es attraktiver Konditionen, die sich nicht nur in der Besoldung widerspiegeln, aber eine gute Bezahlung gehört auch dazu. „Ich weiß, dass das fiskalische Herz anders schlägt, aber es kann nicht sein, dass man sich mit seinem Arbeitgeber im Wege der Klage auseinandersetzt, um Gerechtigkeit zu erfahren“. Eine Beamtenfamilie könne nicht weniger als eine Aufstockerfamilie erhalten. Das gilt aufgrund der Besonderheiten im Beamtenrecht auch für den Ruhestand. Im Übrigen wurde eine rückwirkende Anpassung für alle Beamten gefordert.

Abgeordneter Kowalleck (CDU) wies darauf hin, dass es eines guten öffentlichen Dienstes bedarf und es hierzu schon mehrere Gespräche mit dem tbb gegeben hat. „…Die Thematik beschäftigt uns ja regelmäßig und es ist unsere Pflicht als Land Thüringen für unsere Beamten natürlich Sorge zu tragen und dies auch mit einer entsprechenden Besoldung umzusetzen. Das haben wir, denke ich, in den vergangenen Jahren auch an dieser Stelle umgesetzt. Sicher nicht immer zur Zufriedenheit der Beamten, aber es ist am Ende unsere Pflicht diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen…“.

Abgeordnete Merz (SPD) führte aus, dass als Vergleichsgröße eine 4köpfige Beamtenfamilie mit Alleinverdiener vom Bundesverfassungsgericht herangezogen werden würde. „… Da kann man hierüber schon streiten …“ und hierüber kann und soll im Ausschuss dann mitberaten werden. Aus familien- und sozialpolitischer Sicht wird der Gesetzentwurf im Hinblick auf die Anhebung der Kinderzuschläge begrüßt. Aufgrund der gleichmäßigen Anhebung für alle Besoldungsgruppen, werden Ungleichgewichte innerhalb des Besoldungsgefüges vermieden. Der Vorschlag des tbb zur Anhebung der Grundbesoldung sei hingegen nicht zielgerichtet und auch nicht finanzierbar. Darüber würden letztlich auch die Besoldungsgruppen angehoben, bei denen der Abstand zur Grundsicherung eingehalten wurde und insoweit keine Unteralimentation vorliegt. Gerecht wäre eine solche Verfahrensweise nicht. „…Im Großen und Ganzen ist die Besoldung in Thüringen ordentlich geregelt und verfassungskonform…“.

Abgeordneter Kießling (AfD) wies darauf hin, dass der verfassungswidrige Zustand schon seit 2008 anhielte. Des Weiteren sollte das Besoldungsgefüge nicht nur für kinderreiche Familien, sondern auch für Alleinstehende attraktiv sein. Dies auch im Hinblick auf Halteperspektiven von Bestandsbeamten, da diese nunmehr mit der Einführung des Altersgeldes ihre erdienten Pensionsansprüche mitnehmen können und es gelte, hierdurch attraktiv gewordene Abwanderungen in andere Beschäftigungsbereiche zu vermeiden. Zudem wurde unter Verweis auf die Verfahrensweise in Sachsen und Sachsen-Anhalt eine rückwirkende Korrektur für alle Beamten gefordert. Thüringen sei zudem das einzige Bundesland bei dem die Verjährungsfrist für Besoldungsansprüche nur ein Jahr betrage und damit unter der 3jährigen Verjährungsfrist nach dem BGB läge.

Abgeordneter Schaft (DIE LINKE) verwies auf die Einbringungsrede der Finanzministerin sowie die Rede der Abgeordneten Merz (SPD).  Im Übrigen beschränkte er seine Ausführungen auf die Thematik der sogenannten „Lückenprofessoren“ beschränkt (Artikel 1 des Entwurfes).

Von Bündnis 90 / Die Grünen kam keine Wortmeldung. Der tbb weist jedoch darauf hin, dass von dieser Seite ein Gutachten an den wissenschaftlichen Dienst im Thüringer Landtag zum Gesetzentwurf in Auftrag gegeben wurde.

Anschließend folgte noch eine freie Rede der Finanzministerin Taubert. Hier wurden bestimmte Punkte aus der Einbringungsrede nochmals benannt und vertieft. „… Es geht natürlich immer um eine gerechte Bezahlung von Bediensteten und Beamten. Und es geht natürlich auch um gerechte Besoldung im Vergleich zu allen anderen, die wir in Thüringen als Arbeitnehmer haben…“. Sie findet es grenzwertig vom tbb, dass eine 15% Gehaltserhöhung für Tarifbeschäftigte und Beamte in den letzten 6 Jahren ins Gegenteil redet. Sie möchte beachtet sehen, dass es nicht um Gerechtigkeit, sondern um eine verfassungsgemäße Alimentation ginge. Sie sah es als wahrscheinlich an, dass der Gesetzentwurf wieder beklagt wird und sich in der Sache bspw. die Beamten der Besoldungsgruppen A15 und B3 hinter denen mit der Besoldungsgruppe A6 verstecken würden. „…Und was wir jetzt als Faktum haben, ich habe es vorhin kurz angerissen ist, dass wir Arbeiten, die im öffentlichen Dienst vorhanden sind und die unter A6 Stufe 2 sind, nicht mehr an einen Beamten geben können (Anm. d. Red. bereits seit 2015 sind Besoldungsgruppen unterhalb der A6 abgeschafft). Diese Urteile (Anmerkung: gemeint sind sicher die des Bundesverfassungsgerichtes) sagen das nochmal sehr, sehr deutlich. Und das heißt, um das ganz krass zu sagen, die Drecksarbeit können die einfachen Tarifbeschäftigten machen. Und das ist nicht gerecht …“.

Ausblick Zeitschiene

Der Gesetzentwurf wurde einstimmig an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Dieser tagt wieder am Freitag, den 16.07.2021.  Zu diesem Termin wird eine Beratung stattfinden und die Durchführung einer Verbändeanhörung beschlossen werden. Hierüber könnte dann in der nächsten regulären Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 17.09.2021 beraten und eine Beschlussempfehlung für den TLT erfolgen. Dieser tagt dann kurz vor einer möglichen Landtagswahl in dieser Legislaturperiode letztmalig am 22.09./23.09./24.09.2021 (allerdings nur als Reservetermin gekennzeichnet), so dass dann noch eine Beschlussfassung des GE in 2. Lesung erfolgen könnte.

Anderenfalls würde der Gesetzentwurf der Diskontinuität unterfallen, unter der Voraussetzung, dass in diesem Jahr Neuwahlen stattfinden werden.

Kurzer Kommentar des tbb zu den Aussagen über Tarifbeschäftigte

Der tbb hat sich in seinen Stellungnahmen umfassend zum Gesetzentwurf geäußert. Zum Nachlesen. Darüber hinaus haben wir ein Gutachten zu diesem Gesetzentwurf in Auftrag gegeben bei Prof. Dr. Hc. Hc. Ulrich Battis, welches in den nächsten Tagen von uns vorgestellt werden wird.

Wir möchten und können es nicht im Raum stehen lassen, dass die Arbeit von Tarifbeschäftigten weniger Bezahlung wert sei. Der öffentliche Dienst besteht für uns aus beiden Statusgruppen Beamte und Tarifbeschäftigte. Das zeigt schon die Wahl unseres Namens. Wir setzen uns bei den Tarifbeschäftigten für eine faire aufgabengerechte Bezahlung ein. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) – zu der auch Thüringer gehört - hat aktuell angekündigt, mit einer Neudefinition des so genannten Arbeitsvorgangs an die Eingruppierung und damit an die Entgelthöhe bei vielen Beschäftigten ran zu wollen und das gesamte Eingruppierungssystem in Frage zu stellen. Die Folge könnten deutliche Verschlechterung in der Eingruppierung und damit erhebliche Lohnverluste sein – für aktuelle und zukünftige Beschäftigte. Wir halten dagegen – mit Ihrer Hilfe. Unterstützen Sie unsere Aktionen im September und Oktober und schützen Sie Ihre Bezahlung!

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