Wahlprüfsteine

1. Frage: Was wollen Sie für den öffentlichen Dienst tun?

Bitte nennen Sie drei gute Gründe für einen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst in Thüringen, ihre Partei zu wählen!

Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.

Thüringen braucht einen attraktiven öffentlichen Dienst. Unser Land ist auf leistungsfähige Angestellte und Beamte angewiesen. Wir bekennen uns zum Berufsbeamtentum und zu einem leistungsfähigen öffentlichen Dienst. Seine Stärke sind seine qualifizierten und motivierten Mitarbeiter. Mit ihnen gemeinsam wollen wir die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltungsstrukturen weiter verbessern. Berufsbeamtentum wollen wir künftig vor allem dort, wo es um hoheitliche Aufgaben und kritische Infrastrukturen geht.

Vertrauensvoll zusammenarbeiten. Mit den Personalvertretungen, Gewerkschaften und Interessenvertretungen werden wir vertrauensvoll und kooperativ zusammenarbeiten. Innerhalb von 100 Tagen werden wir gemeinsam einen Zukunfts-Pakt “Öffentlicher Dienst” erarbeiten.  Zudem werden wir das Personalvertretungsrecht im Sinne einer Allzuständigkeit klar und verständlich für alle Normanwender regeln.

Wir werden wie bisher die systemgerechte und zeitnahe Übernahme der Tarifergebnisse auf die Beamtenbesoldung anstreben. Wir setzen uns für flexiblere Arbeitszeitmodelle (Homeoffice, flexibler Renteneintritt) ein. Mitbestimmung ist ein wichtiges Anliegen, daher setzen wir uns für die Allzuständigkeit der Personalräte ein und erfüllen diese in unseren Wirkungskreisen mit Leben.

Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Funktionieren des Staates. Sowohl die demografische Entwicklung als auch sich ändernde Rahmenbedingungen stellen ihn vor enorme Herausforderungen. Eine umfassende Aufgabenkritik, der sich die Landesregierung bisher konsequent verweigert hat, ist die Grundvoraussetzung, um den öffentlichen Dienst zukunftsfest aufstellen zu können. Das schließt ausdrücklich Maßnahmen ein, die die Attraktivität des öffentlichen Dienstes dauerhaft steigern.

Wir Freie Demokraten stehen dafür, gemeinsam mit den Beamten und Beschäftigten jene Lösungen zu erarbeiten, die den Herausforderungen und Chancen der Zukunft am besten gerecht werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für einen attraktiven öffentlichen Dienst ein, mit einem verbesserten Lohngefüge, ohne Beförderungsstau, mit der Möglichkeit für Bedienstete des Landes die Angebote des Jobrads und Jobtickets zu nutzen und mit besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden die Digitalisierung der Verwaltung konsequent fortführen und so Effizienzpotentiale heben, um die Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern und die Beschäftigten von ineffizienter Arbeit zu entlasten.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen zudem für einen vielfältigen öffentlichen Dienst, in dem Frauen und queere Personen sowie Menschen mit Migrationshintergrund gezielt gefördert werden. Wir wollen Diskriminierung in der Arbeitswelt entgegenwirken, unter anderem mit einem Landesantidiskriminierungsgesetz. Zur besseren Inklusion im öffentlichen Dienst wollen wir ein digitales, automatisiertes Portal zur standardisierten Beantragung von Hilfsmitteln und Unterstützungsmaßnahmen am Arbeitsplatz bei Behinderung oder chronischer Erkrankung auf den Weg bringen.

Die LINKE hat in den vergangenen Jahren erhebliche Verbesserungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Thüringen erzielt, etwa mit der Stärkung der Mitbestimmungsrechte (Personalvertretungsgesetz), moderneren Arbeitsbedingungen oder eine Stärkung der Wertschätzung, z.B. 5€ „Dienst zu ungünstigen Zeiten“ (DUZ bei der Polizei) im Haushaltsgesetz verankert. Wir wollen die Vereinbarkeit von Beruf- und Familie künftig verstärken und die Weichen für eine Viertagewoche, Modelle von Arbeitszeitverkürzungen und Flexiblisierungen auch für den öffentlichen Dienst stellen.

Der Öffentliche Dienst hat der rechtsstaatlichen Verwaltung der Gesellschaft zu dienen; und insofern er dies leistet, finden seine Bediensteten das Vertrauen und die Unterstützung der AfD. Der Thüringer AfD ist insbesondere die rechtsstaatlich geforderte Wahrung der politischen Neutralität des Öffentlichen Dienstes ein Anliegen. Der Einsatz von Behörden gegen legitime und legale politische Opposition stellt einen Missbrauch des Öffentlichen Dienstes dar, den wir unterbinden wollen.

Die AfD Thüringen setzt sich dafür ein, dass bei der Besetzung von Leitungspositionen im Öffentlichen Dienst Bewerber aus den östlichen Bundesländern nicht benachteiligt werden.

Zur Entlastung der Bediensteten und zur Verbesserung der Bürgernähe fordert die AfD die konsequente Digitalisierung des Öffentlichen Dienstes.

Wir haben nicht vergessen, dass gerade der Öffentliche Dienst in der Corona-Pandemie „den Laden am Laufen“ gehalten hat. Leider sind die Beifallsbekundungen von damals verhallt und von den mündlichen Zusagen der Politik ist wenig bis gar nichts umgesetzt worden, was zu einer nachhaltigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes geführt hat. Mit dem BSW können sich die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes sicher sein, einen Partner an ihrer Seite zu haben, der sich auf Augenhöhe für ihre Belange einsetzt.

Nach wie vor sind die Menschen im Osten Deutschlands massiv benachteiligt. Weder in den Eliten der Politik, noch in der Verwaltung, den Gerichten, den Hochschulen oder den Medien in Thüringen sind Ostdeutsche proportional zu ihrem gesamtdeutschen Bevölkerungsanteil vertreten. Deshalb setzt sich das BSW für eine landesgesetzliche Einführung einer Untergrenze von mindestens 50 Prozent bei Stellen-Neubesetzungen mit ostdeutschen Bewerbern (bei gleicher Qualifikation) im Öffentlichen Dienst, insbesondere in den Ministerien sowie in der Kommunalen- und Landesverwaltung, ein.

2. Frage: Statement zum Berufsbeamtentum

Werden Sie sich - im Falle einer künftigen Regierungsverantwortung - für den Erhalt des Berufsbeamtentums nach dessen hergebrachten Grundsätzen einsetzen?

Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.

Thüringen braucht einen attraktiven öffentlichen Dienst. Unser Land ist auf leistungsfähige Angestellte und Beamte angewiesen. Wir bekennen uns zum Berufsbeamtentum und zu einem leistungsfähigen öffentlichen Dienst. Seine Stärke sind seine qualifizierten und motivierten Mitarbeiter. Mit ihnen gemeinsam wollen wir die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltungsstrukturen weiter verbessern. Berufsbeamtentum wollen wir künftig vor allem dort, wo es um hoheitliche Aufgaben und kritische Infrastrukturen geht.

Vertrauensvoll zusammenarbeiten. Mit den Personalvertretungen, Gewerkschaften und Interessenvertretungen werden wir vertrauensvoll und kooperativ zusammenarbeiten. Innerhalb von 100 Tagen werden wir gemeinsam einen Zukunfts-Pakt “Öffentlicher Dienst” erarbeiten.  Zudem werden wir das Personalvertretungsrecht im Sinne einer Allzuständigkeit klar und verständlich für alle Normanwender regeln.

Die gemäß Grundgesetz Artikel 33 Absatz 5 definierten Grundsätze des Berufsbeamtentums ist die für uns rechtlich verbindliche Richtschnur. Bei notwendigen Fortentwicklungen oder Anpassungen von beamten- oder besoldungsrechtlichen Regelungen werden wir den vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Handlungsrahmen entsprechend beachten.

Das Berufsbeamtentum nach den hergebrachten Grundsätzen ist für uns ein Grundbaustein staatlicher Organisation. Wir setzen uns für den Erhalt ein.

Das Berufsbeamtentum steht für uns nicht zur Debatte, da es im Grundgesetz geregelt ist.

Das bisherige Berufsbeamtentum hat trotz vieler Änderungen teils uneinheitliche und unsolidarische Entwicklungen für die unterschiedlichen Beschäftigtengruppen mit sich gebracht, zum Beispiel in Mitbestimmungsfragen, bei der Absicherung im Alter, bei der Besoldungshöhe und bei der Lohnentwicklung. In einem langfristigen Prozess, der alle einbeziehen muss, gilt es, alle Beschäftigte im Öffentlichen Dienst mit gleichen Rechten und Pflichten auszustatten. Festgefahrene hierarchische Strukturen, die Bürger*innennähe verhindern und einer Modernisierung des öffentlichen Dienstes entgegenstehen, wollen wir überwinden und ein Dienstrecht entwickeln, dass die Beschäftigten mit Arbeits- und Lebensbedingungen ausstattet, die dem 21. Jahrhundert gerecht werden. Daher gilt es auch über staatliche Aufgaben zu diskutieren.

Ja, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und deren Anwendung stehen für die AfD Thüringen nicht zu Debatte.

Das Berufsbeamtentum hat sich gerade in Krisenzeiten als leistungsfähige und verlässliche Komponente unseres Staatswesens erwiesen. Darauf sollten wir auch künftig bauen.

3. Frage: Abkehr von der Föderalismusreform?

Wie ist Ihre Position zu einer Rückabwicklung der Föderalismusreform im Beamtenrecht und insbes. in der Beamtenbesoldung?

Föderalismus und Subsidiarität: Wir bekennen uns zu dem Wert des Föderalismus und der Subsidiarität und unterstützen die Idee, dass bestimmte Kompetenzen auf die Länder übertragen werden sollten, um die Vielfalt der regionalen Bedürfnisse und Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Verantwortung der Länder: Wir stehen dazu, dass die Länder die Verantwortung für ihre eigenen Beamten tragen sollten, einschließlich der Gestaltung der Besoldungssysteme. 

Unabhängig davon, dass eine erneute Föderalismusreform eine 2/3-Mehrheit im Deutschen Bundestag bzw. Bundesrat bedarf, sehen wir aus Sicht des Landes die Notwendigkeit für eine Vereinheitlichung insbesondere im Bereich der Besoldung und Versorgung. Die Zersplitterung der Bezahlung von Beamtinnen und Beamten hat zu einer Ungleichbehandlung zwischen den Bediensteten und Versorgungsempfänger der Länder (finanzstark vs. finanzschwach) geführt. Diesen Umstand sollte man unserer Auffassung nach beheben und das Besoldungs- und Versorgungsrecht zentral im Bund ansiedeln.

Auf diese komplexe Frage gibt es keine einfachen Antworten. In vielen Bereichen haben sich die Herausforderungen in den letzten Jahrzehnten grundsätzlich verändert, noch bevor Defizite während der Pandemie wie unter dem Brennglas zutage traten. In Bildungs- und Sicherheitsfragen etwa ist das Klein-Klein von 16 verschiedenen Systemen überholt. Die Kompetenzverteilung zwischen den Ebenen der staatlichen Struktur muss zukunftsfest ausgestaltet werden.

Zur Besoldung verweisen wir auf die Antwort auf Frage 4.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Thüringen setzen sich für eine gerechte und einheitliche Besoldung von Beamt*innen über Bund, Länder und Kommunen hinweg ein, um faire Arbeitsbedingungen zu garantieren. Wir erkennen gleichzeitig auch den Wert des Föderalismus für regionale Autonomie und Anpassungsfähigkeit an lokale Gegebenheiten an.

Einer Reform, die die Vorteile der dezentralen Steuerung bewahrt und gleichzeitig eine bundesweit einheitliche Beamtenbesoldung sichert, stehen wir grundsätzlich positiv gegenüber, solange die Balance zwischen bundesweiter Harmonisierung und der Bewahrung landesspezifischer Flexibilität gewahrt bleibt.

Unser Grundsatz ist: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Daraus leitet sich auch eine gleiche Besoldung in ganz Deutschland ab. Also ja, wir sind für die Abkehr vom Besoldungsföderalismus.

Korrekturen an manchen problematischen Folgen der Föderalismusreform im Beamtenrecht sollten mit Blick auf die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber erwogen werden. Es ist aus unserer Sicht beispielsweise nicht förderlich, dass Thüringen das bundesweit schlechteste Reisekostenrecht hat. Das gegenwärtige alljährliche Ringen um die verfassungsgemäße Besoldung bindet viele Ressourcen und ist ein Musterbeispiel für Mängel auch der Föderalismusreform.

Durch die Föderalismusreform wurden den Bundesländern grundlegende Gesetzgebungskompetenzen übertragen. Sie erhielten dadurch die alleinige Möglichkeit, über Besoldung, Versorgung und Laufbahnrecht ihrer Beamten zu entscheiden. Dies führte jedoch dazu, dass beispielsweise bei der Alimentierung der Beamten innerhalb der Bundesländer eine Schieflage entstand. Daher würden wir uns einer Initiative zur Vereinheitlichung der Tarifstruktur innerhalb Deutschlands anschließen.

4. Frage: Alimentation

Werden Sie insbesondere die Grundbesoldung mit der Zielsetzung überprüfen, diese verfassungskonform auszugestalten und wenn ja, wie wollen Sie dies machen?

Wie stehen Sie im Falle von Rechtsstreitigkeiten über die Argumentation zur Führung von Musterprozessen? Dies würde auf Seiten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Ressourcen sparen und würde bei dem Bediensteten für mehr Gerechtigkeit sorgen.

Die Fragen 4, 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet.

Mitarbeiter wertschätzen. Wir sichern zu, alle Tarifabschlüsse 1:1 und zeitgleich auf die Beamten zu übertragen. Auch werden wir die Alimentation auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen und wenn nötig entsprechend anpassen. Personalgewinnungs- und -halteprämien werden wir im Rahmen der Personalgewinnung einsetzen. Das bestehende Dienstrecht wollen wir fortentwickeln, um die Nutzung von Aufstiegsmöglichkeiten zu erleichtern und die Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft zu erhöhen.

(a) Die Grundbesoldung ist in den vergangenen Jahren stetig den verfassungsgerichtlichen Maßstäben entsprechend angepasst worden. Diese Praxis werden wir unter Beachtung aller Möglichkeiten beibehalten.

(b) Musterprozesse sind aus rechtlicher Sicht grundsätzlich zulässig. Entscheidend ist, dass die Auswahl der Verfahren nach sachgemäßen Kriterien erfolgt.

Wir Freie Demokraten fordern eine Änderung der Besoldungssystematik. Der Tiefflug auf Höhe der geradeso nicht verfassungswidrigen Alimentation hat aufzuhören. Wir sind dagegen, dass die Besoldung unserer Beamten immer nur angepasst wird, also davon abhängig ist, dass andere mehr Geld erhalten. Das ist der völlig falsche Fokus und ein fataler Umgang des Dienstherren mit seinen Beamten. Die Alimentation hat vielmehr an der Wertigkeit des jeweiligen Amtes, an der Wertigkeit der jeweiligen Tätigkeit für den Dienstherrn und am Lebenszeitprinzip anzusetzen. Musterprozessen stehen wir grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.

Die von uns mitgetragene Landesregierung hat im vergangenen Jahr als eines der ersten Länder ein Gesetz zur verfassungsgemäßen Alimentation nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen in den Landtag eingebracht. Damit wurde dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2020 Rechnung getragen, was eindeutige Vorgaben zum Mindestabstand der Besoldung zum Grundsicherungsniveau definiert hat. Wir begrüßen die Führung von Musterprozessen im Falle von Streitigkeiten über die Frage der verfassungsgemäßen Alimentation.

Das Besoldungsgesetz in Thüringen ist verfassungskonform. Dies wird regelmäßig überprüft. Dazu werden alle Besoldungsbestandteile einbezogen. Eine separate Betrachtung nur der Grundbesoldung wäre ungerecht.

(a) Der Freistaat Thüringen ist verpflichtet, die Besoldung verfassungskonform auszugestalten. Hieran ändert sich selbstredend auch unter einer von der AfD geführten Landesregierung nichts. In Thüringen ist diesbezüglich der Umgang mit den Bediensteten problematisch, die sich zu oft genötigt sehen, den Klageweg zu beschreiten. Diesbezüglich gilt es, eine ressourcenschonende und beständige Anpassungsregelung zu finden.

(b) Musterprozesse können aus den genannten Gründen sinnvoll sein.

(a) Zunächst sollte das Besoldungsrecht in Thüringen einer Evaluation unterzogen werden. Ziel muss in der Folge sein, das Besoldungsgefüge so zu ordnen, dass eine verfassungskonforme, dauerhafte und stabile angemessene Besoldung der Thüringer Beamten umgesetzt werden kann.

(b) Musterprozessen steht das BSW grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.

5. Frage: Sicherstellung der Pensionsverpflichtungen

Wie wollen Sie die Pensionszahlungen des Freistaates und der Kommunen langfristig sicherstellen?

Sicherheit und Klarheit für die Zukunft. Die Kosten für Pensionsverpflichtungen müssen klar beziffert werden. Die Auflösung der Pensionsrücklage und die ausschließliche Konzentration auf das Nachhaltigkeitsmodell in dieser Frage ist ein Fehler den es zu korrigieren gilt. 

Für uns gilt die gesetzlich gegebene Zusage, dass Beamtinnen und Beamte am Ende ihrer Dienstzeit die ihnen zustehende Versorgung seitens des Dienstherren erhalten. Die entsprechenden Mittel sind im Landeshaushalt, wie in den vergangenen Jahren geschehen, einzustellen. Dafür eröffnet das Thüringer Nachhaltigkeitsmodell mit seiner verpflichtenden Schuldentilgung gewisse Spielräume. Für die Kommunen werden wir eine finanzielle Ausstattung sicherstellen, die ihnen ihre Pensionsverpflichtungen ermöglicht.

Ein notwendiger Baustein ist die Einhaltung der Schuldenbremse auch in Thüringen. Dass der Haushalt über Jahre nur durch Rückgriff auf die Rücklagen und Auflösung des Pensionsfonds ausgeglichen werden konnte, ist ein deutliches Zeichen für Misswirtschaft der bisherigen Landesregierung.

Das Alterssicherungssystem der Beamt*innen in Thüringen ist garantiert und wird von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht in Frage gestellt.

Um den Landeshaushalt durch die Pensionen von Beamt*innen in Zukunft nicht zu überfordern, haben wir das Thüringer Nachhaltigkeitsmodell eingeführt. Mit diesem werden wir Schulden abbauen und dadurch Zinszahlungen einsparen, die in Zukunft für mehr Flexibilität bei der Erfüllung der Verpflichtungen aus der Versorgung von Beamt*innen sorgen werden.

Die Pensionszahlungen sind durch das Thüringer Beamtenversorgungsgesetz gesichert. Das nötige Geld wird in den Landeshaushalten bereitgestellt. Im Übrigen haben wir in Thüringen ein "Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung", nach dem für jede und jeden neu Verbeamteten jährlich 5.500 Euro zur Schuldentilgung eingesetzt werden. Allein in diesem Jahr zahlen wir so 85 Millionen Euro, die in der Zukunft weniger Zinszahlungen an die Banken bedeuten.

Die Verpflichtung des Freistaates zur Zahlung von Pensionen an Ruhestandsbeamte sowie die Zahlung an noch im Dienst stehende Beamte steht nicht zur Disposition. Grundsätzlich muss sich der Freistaat das Personal für eine rechtsstaatkonforme Verwaltung leisten. Diesbezüglich ist gerade mit Blick auf die Erfüllung von Kernaufgaben (Sicherheit, Finanzverwaltung, Justiz und Bildung) eine vorausschauende Personalpolitik erforderlich, die nicht aus Furcht vor späteren Pensionslasten an der falschen Stelle spart.

Die Pensionszahlungen an die Versorgungsempfänger sind garantiert. Die dafür notwendigen Aufwendungen sind im Landeshaushalt einzustellen. Langfristig fordert das BSW ein Rentensystem nach dem Vorbild Österreichs, wo die Renten im Schnitt 800 Euro pro Monat höher sind. Wir wollen zukünftig eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, auch Abgeordnete, Selbständige und Beamte. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.

6. Frage: Sozialversicherungssysteme

Wie stehen Sie zu einer Bürgerversicherung?

Wie stehen Sie zu der Forderung, die Zuständigkeit der Rentenversicherung von rentenfremden Leistungen zu entlasten?

Unser Gesundheitssystem braucht eine solide Finanzierung. Hierfür braucht es auch Strukturreformen. Um die Gesundheitsausgaben zu dämpfen, wollen wir den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen stärken. An der solidarischen Beitragsfinanzierung halten wir fest. Für uns ist Gesundheitsversorgung Teil der Daseinsvorsorge. Wir setzen auf mehr Eigenvorsorge und wollen das Kostenbewusstsein der Versicherten schärfen. Wir stehen zur Selbstverwaltung als tragendem Prinzip in allen Zweigen der Sozialversicherung.

Wir wollen einen starken Sozialstaat. Jeder soll sich darauf verlassen können, dass die Solidargemeinschaft ihn trägt, wenn er sie wirklich braucht. Das ist für uns soziale Gerechtigkeit. Das setzt voraus, dass sich jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten in diese Solidargemeinschaft einbringt. Solidarische Unterstützung soll daher wo immer möglich zu Eigenverantwortung und Teilhabe befähigen. Wir stehen für eine soziale Politik, die die aktivierende Vorsorge in den Mittelpunkt stellt und dem Subsidiaritätsprinzip folgt. Unser Sozialsystem ist auf eine starke Wirtschaft mit vielen Arbeitnehmern angewiesen. Wir müssen deshalb stets mitbedenken, dass soziale Leistungen auch finanziert werden müssen und setzen deshalb auch hier auf Generationengerechtigkeit. In den Sozialversicherungen müssen beitragsbezogene Leistungen wieder klarer von steuerfinanzierten Leistungen abgegrenzt und so Transparenz in den Finanzbeziehungen geschaffen werden. Der Gesamtbeitrag zu den Sozialversicherungen muss stabil niedrig gehalten werden, um die Belastung der Unternehmen und ihrer Beschäftigten zu begrenzen.

Wir wollen einen effizienteren Sozialstaat. Dazu werden wir möglichst viele soziale Leistungen zusammenfassen, Rechtsvorschriften verständlicher machen und die Bürger persönlicher begleiten. Wir streben einen vollautomatisierten, intelligenten Datenabgleich an.

Wir wollen die Tarifpartnerschaft und die Mitbestimmung stärken. Die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften hat als eine tragende Säule der Sozialen Marktwirtschaft Deutschland stark gemacht. Die Tarifbindung sorgt für faire Löhne, berechenbare Kosten, gute und gesunde Arbeitsbedingungen sowie höhere Einzahlungen in die Sozialversicherungen. Deshalb streben wir einen hohen Grad an Tarifbindung an. Dazu wollen wir die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen stärken. Die Sozialpartner müssen weiter die zentrale Rolle im Tarifausschuss spielen. Wir setzen zudem auf Öffnungsklauseln, damit die Sozialpartner flexibler verhandeln können.

(a) Wir stehen auch weiterhin für die Einführung einer Bürgerversicherung und werben für die dafür notwendigen politischen und gesellschaftlichen Mehrheiten. Eine Bürgerversicherung sichert aus unserer Sicht den gleich guten Zugang zur medizinischen Versorgung für alle, eine solidarische Finanzierung und eine hohe Qualität der Leistungen.

(b) Aus unserer Sicht handelt es sich dabei um Leistungen, die dem sozialen Ausgleich dienen. Mit dem Rentenpaket II wurde kürzlich eine Stabilisierung des Rentensystems durch einen Mix an Maßnahmen aus Kapitalerträgen, Beiträgen, Generationenkapital und Steuerzuschüssen erreicht. Grundsätzlich steht für uns das Ziel, mehr Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen vor dem Abbau von Leistungen.

Die FDP lehnt die sogenannte Bürgerversicherung ab. Diese antiquierte Idee würde zu Kostensteigerungen für die Versichertengemeinschaft führen sowie zu einer schlechteren Versorgung mit medizinischen Leistungen.

Rentenfremde Leistungen sind nicht über die Rentenversicherung zu finanzieren.

Durch den demografischen Wandel und den medizinischen Fortschritt steigen sowohl die Anforderungen an eine gute Gesundheitsversorgung als auch die Versicherungsbeiträge insbesondere – aber nicht nur – für Versicherte mit kleinem und mittlerem Einkommen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürworten daher ein Bürgerversicherung, um unser Gesundheitswesen auf ein breites, verlässliches und gerechtes Fundament zu stellen. Ziele sind mehr Solidarität, stabilere Beiträge und eine gute Gesundheitsversorgung für alle. Wir sind der Ansicht, dass Leistungen, die nicht beitragsfinanziert sind, nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen, sondern aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu finanzieren sind. Dementsprechend sollten Bundeszuweisungen an die Sozialversicherungen nach den Ausgaben für die versicherungsfremden Leistungen bemessen werden.

Mit der Bürgerversicherung würde die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine breitere Basis gestellt. Deshalb stehen wir als Linke diesem Konzept offen gegenüber. Versicherungsfremde Leistungen, z. B. aufgrund von Kindererziehungszeiten, sind nicht beitragsgedeckt. Sie sind aber gesamtgesellschaftlich erwünscht. Hier muss jedoch das BMAS transparenter offenlegen, welche Ausgaben hier anfallen. Deshalb setzen wir uns als Linke für mehr Transparenz bei versicherungsfremden Leistungen ein.

(a) Viele Aspekte einer einheitlichen Bürgerversicherung sind ungeklärt. Ein entsprechender Systemwechsel wäre aus Perspektive der AfD nur sinnvoll, wenn er auch tatsächlich Verbesserungen mit sich bringt, ohne Mehrkosten zu verursachen. Das ist momentan nicht abzusehen, weshalb die Einführung einer solchen Versicherung für die AfD Thüringen nicht auf der Tagesordnung steht.

(b) Versicherungsfremde Leistungen belasten die Rentenkassen in erheblichem Umfang und stellen meist eine Zweckentfremdung der Kassen dar. Dem Trend zu immer mehr solcher Leistungen muss entgegengewirkt, versicherungsfremde Leistungen der Rentenversicherung abgebaut werden. Dabei kommt es allerdings darauf an, die Bürger und insbesondere die Steuerzahler nicht an anderer Stelle zusätzlich zu belasten.

Fragen zu Bürgerversicherung und Rentenversicherung fallen in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Da für uns als junger Landesverband überwiegend landespolitische Themen zunächst im Vordergrund stehen, können wir aktuell zu diesen Themen noch keine abschließende Meinung kommunizieren.

7. Frage: Übertragung Tarifergebnisse auf Beamte

Werden Sie, wie in der Vergangenheit und in anderen Ländern üblich, eine zeitgleiche und systemgerechte Übertragung des Tarifergebnisses auf die Thüringer Beamten, Anwärter und Versorgungsempfänger betreiben?

Werden Sie eine entsprechende Formulierung in einem Koalitionsvertrag für Thüringen aufnehmen?

Die Fragen 4, 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet.

Mitarbeiter wertschätzen. Wir sichern zu, alle Tarifabschlüsse 1:1 und zeitgleich auf die Beamten zu übertragen. Auch werden wir die Alimentation auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen und wenn nötig entsprechend anpassen. Personalgewinnungs- und -halteprämien werden wir im Rahmen der Personalgewinnung einsetzen. Das bestehende Dienstrecht wollen wir fortentwickeln, um die Nutzung von Aufstiegsmöglichkeiten zu erleichtern und die Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft zu erhöhen.

Wir haben uns in den vergangenen Jahren grundsätzlich für eine systemgerechte und zeitnahe Übernahme der Tarifergebnisse auf die Beamtenbesoldung eingesetzt und werden das auch weiterhin tun. Über mögliche Formulierungen werden wir mit potentiellen Koalitionspartnern verhandeln.

Wir verweisen auf die Antwort auf Frage 4.

Wir Freie Demokraten fordern eine Änderung der Besoldungssystematik. Der Tiefflug auf Höhe der geradeso nicht verfassungswidrigen Alimentation hat aufzuhören. Wir sind dagegen, dass die Besoldung unserer Beamten immer nur angepasst wird, also davon abhängig ist, dass andere mehr Geld erhalten. Das ist der völlig falsche Fokus und ein fataler Umgang des Dienstherren mit seinen Beamten. Die Alimentation hat vielmehr an der Wertigkeit des jeweiligen Amtes, an der Wertigkeit der jeweiligen  Tätigkeit für den Dienstherrn und am Lebenszeitprinzip anzusetzen. Musterprozessen stehen wir grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber.

Bereits in den vergangenen zwei Legislaturperioden haben wir uns für eine Übertragung des Tarifergebnisses stark gemacht. Wir streben weiterhin an, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen zeitgleich auf die Beamtenbesoldung zu übertragen. In einer möglichen erneuten Regierungsbeteiligung werden wir unsere Position dazu nicht ändern.

Beim Entwurf zum Thüringer Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung in den Jahren 2024 und 2025 und zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher sowie anderer Vorschriften galt es eine größtmögliche Annäherung in der tatsächlich effektiven Auszahlung vor dem Hintergrund der Unterschiedlichkeit der Systeme auszuloten. Bedenken etwa zur Anrechnung der Besoldungserhöhung und der Sonderzahlung des letzten Jahres sowie den alimentativen Ergänzungszuschlag haben wir wahrgenommen und im zuständigen Ausschuss thematisiert. Unser Ziel bleibt eine Gleichbehandlung, die zeit-, inhalts- und wirkungsgleich in der Übernahme des Tarifabschlusses vollzogen wird. Wir werden eine Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamten mit dem neuen Beamtenund Besoldungsgesetz noch in dieser Legislatur vornehmen. Wortgenaue Formulierungen von Koalitionsverträgen entscheiden sich regelmäßig erst abhängig von gewählten Mehrheitsverhältnisse und etwaigen Koalitionen.

(a) Ja, zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Ergebnisse von Tarifverhandlungen stehen nicht zur Debatte.

(b) Über die Aufnahme derartiger Formulierungen wird in Koalitionsverhandlungen entschieden.

Wir befürworten eine zeit- und inhaltsgleiche oder wirkungsgleiche Übertragung von Tarifergebnissen auf Beamte, Anwärter und Versorgungsempfänger.

8. Frage: Gemeinsame Tarifverhandlungen TV-L und TVöD

Werden Sie sich im Tarifbereich dafür einsetzen, dass Bund, Ländern und Kommunen wieder gemeinsam verhandeln und wenn ja, wie wollen Sie dies umsetzen?

Die Fragen 4, 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet.

Mitarbeiter wertschätzen. Wir sichern zu, alle Tarifabschlüsse 1:1 und zeitgleich auf die Beamten zu übertragen. Auch werden wir die Alimentation auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen und wenn nötig entsprechend anpassen. Personalgewinnungs- und -halteprämien werden wir im Rahmen der Personalgewinnung einsetzen. Das bestehende Dienstrecht wollen wir fortentwickeln, um die Nutzung von Aufstiegsmöglichkeiten zu erleichtern und die Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft zu erhöhen.

Eine zeitliche Synchronisierung der Tarifverhandlungen für Bund, Länder und Gemeinden können wir uns unter Beibehaltung der jeweiligen Tarifverträge vorstellen. Eine entsprechende Bereitschaft müsste zunächst innerhalb der Tarifgemeinschaft der Länder erörtert werden.

Das befürworten wir grundsätzlich. Zugleich gilt es aber auch, Spielräume bei den Ländern zu erhaltenen, sodass sie gestaltenden Einfluss auf die Bezahlung ihrer Beamten nehmen können.

Gegen gemeinsame Tarifverhandlungen für TV-L und TVöD bestehen unsererseits keine Einwände. Das könnte insgesamt zu einer Vereinheitlichung der Tarife führen. Auch dem allgemeinen Eindruck, dass für den Öffentlichen Dienst häufiger als in anderen Bereichen über Tariferhöhungen verhandelt wird, könnte so entgegengewirkt werden.

Eine Trennung macht keinen Sinn, es braucht ein einheitliches System, dass Bund, Kommunen und Länder miteinschließt. Die unterschiedlichen Tarifgebiete stellen teils große finanzielle Benachteiligung dar. Dafür möchten wir unseren Einfluss im Arbeitgeberverband „Tarifgemeinschaft deutscher Länder“ nutzen um sozialpartnerschaftlich bessere Tarifverträge für die Beschäftigten zu erwirken und für ein gemeinsames Verhandeln werben.

Wir halten gemeinsame Tarifverhandlungen in Bund, Ländern und Kommunen für sinnvoll. Ihre Umsetzung erfordert allerdings unter anderem ein entsprechendes Einvernehmen der öffentlichen Arbeitgeber, das zu erreichen wäre.

In Anlehnung der Beantwortung der Frage 3 halten wir gemeinsam geführte Tarifverhandlungen für Bund, Länder und Kommunen für sinnvoll.

9. Frage: Fachkräftesicherung im öffentlichen Dienst

Durch welche Maßnahmen begegnen Sie dem Fachkräftemangel? (a)

Wie wollen Sie den Öffentliche Dienst in Thüringen attraktiver gestalten, insbesondere um eine Abwanderung zu anderen Dienstherren oder in die private Wirtschaft zu verhindern? (b)

Unterstützen Sie eine Stärkung und Ausbau der landeseigenen Ausbildung? (c)

Wird es Übernahmegarantien für Auszubildende geben? (d)

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie bessere Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Familie sicherstellen? (e)

Wird es Möglichkeiten eines flexiblen Renten- bzw. Pensionseintritt geben? (f)

Wie stehen Sie zu einer Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 38 Wochenstunden für Beamte und Beschäftigte als ein mögliches Instrument, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu erhöhen? (g)

Fachkräfte halten und neue gewinnen. Um zukünftig Menschen für eine Arbeit in den öffentlichen Verwaltungen begeistern zu können, brauchen wir ein modernes Personalentwicklungskonzept sowie Maßnahmen, die die Attraktivität der Arbeit in der Verwaltung verbessern. Dazu gehören insbesondere eine gute Bezahlung, ein wertschätzendes Miteinander, moderne Arbeitsmittel und -methoden, flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Aber auch die Möglichkeit der Nutzung eines Job-Rades, die gesetzliche und haushaltswirksame Verankerung des betrieblichen Gesundheitsmanagements sowie die Etablierung einer Führungsakademie sind für uns Eckpunkte zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität.

Nachwuchs gewinnen. Mit einer Ausbildungs- und Studienoffensive wollen wir offensiv für eine berufliche Zukunft in der Verwaltung werben. Zudem werden wir die Ausbildungsvergütungen anheben und die Ausbildungsstandorte sowohl mit Lehrpersonal als auch mit digitaler Technik optimal ausstatten. Wir bekennen uns zur Laufbahnausbildung.

Einstellungsverfahren beschleunigen. Ausschreibungs- und Einstellungsverfahren wollen wir durch Nutzung des digitalen Karriereportals, das wir auch den Kommunen als Plattform anbieten wollen, deutlich beschleunigen. Unser Ziel ist es, alle Verfahren innerhalb von drei Monaten abzuschließen. Die vorhandene Arbeitgebermarke „Dienst macht Fortschritt“ wollen wir mit einer starken Werbekampagne noch besser bekannt machen.

(a) + (b)  Wir als SPD Thüringen setzen uns dafür ein, die Attraktivität des Landesdienstes zu verbessern, um Fachkräfte in der öffentlichen Verwaltung zu halten. Wir wollen die Forderungen der Gewerkschaften nach guten Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Dienst unterstützen. Mitbestimmung ist ein wichtiges Anliegen, daher setzen wir uns für die Allzuständigkeit der Personalräte ein und erfüllen diese in unseren Wirkungskreisen mit Leben. Flexibles mobiles Arbeiten ist eine Voraussetzung zur Bindung und Gewinnung von Fachkräften. Wir wollen die Möglichkeiten gemeinsam mit den Personalräten weiter ausbauen.

(c) Die bisher guten Ausbildungserfolge in der Thüringer Steuerverwaltung mit einer leistungsbezogenen Übernahme in den Landesdienst sehen wir als Vorbild für andere Bereiche des Öffentlichen Dienstes. Dieser muss sich an Bedarf und Möglichkeiten orientieren. Diesen Schritt sowie eine Übernahme nach Leistung ist aus unserer Sicht unter diesen Umständen vorstellbar.

(e) Wir setzen gesamtgesellschaftlich auf einen breiten Mix landesrechtlicher Maßnahmen. Die Verbesserung der Kinderbetreuung in Kita und Schule oder vermehrt Möglichkeiten für Homeoffice sind nur ein Teil davon. Darüber hinaus die Unterstützung pflegender Angehöriger durch eine niedrigschwellige, regional vernetzte und vor allem aufsuchende Hilfestellung in Form von mobilen Beratungsdiensten.

(f) Flexible Übergänge in den Ruhestand sind für uns vorstellbar. Dabei ist insbesondere die Differenzierung der jeweiligen Tätigkeit (bspw. im Vollzugsdienst) zu beachten. Aus unserer Sicht muss der in den letzten Jahren gestiegene Trend der Erwerbsbeteiligung Älterer unterstützt werden, bspw. durch die teilweise bereits erreichten Abschaffungen von Zuverdienstgrenzen.

(g) Wir stehen für gleiche Arbeitszeiten für Beamte und Angestellte gleichermaßen ein. Einer 38 Stundenwoche werden wir uns dabei nicht verschließen. Voraussetzung ist, dass sie für alle Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gleichermaßen Anwendung findet.

Die Sicherung von Fachkräften wird immer mehr zur zentralen Herausforderung. Diese Fehlentwicklung wird sich in den nächsten Jahren verstärken. Schon heute können weder in der freien Wirtschaft noch im öffentlichen Dienst alle Stellen besetzt werden. Im öffentlichen Dienst sind sehr viele Berufsfelder betroffen, sodass es keine allgemeine Antwort auf diesen Fragekomplex geben kann. Auf jeden Fall ist die seit langem angemahnte Aufgabenkritik der öffentlichen Verwaltung sowie darauf aufbauend die Vorlage eines schlüssigen Personalentwicklungskonzepts überfällig. Ziel muss sein, eine effiziente öffentliche Verwaltung aufzubauen. Die FDP sieht darüber hinaus in der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen großes Potential für eine Verschlankung. Dabei muss kein Beschäftigter um seinen Arbeitsplatz fürchten. Bis zum Jahr 2035 wird die Hälfte der derzeitigen Landesbediensteten in Rente oder in den Ruhestand gehen. In Verbindung mit dem Arbeitskräftemangel zeigt diese Entwicklung allein schon die Notwendigkeit auf, die öffentlichen Aufgaben neu zu strukturieren. Der öffentliche Dienst muss sich zugleich an die vielfältigen Lebensplanungen seiner Beschäftigten anpassen, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf hat hierbei hohe Priorität. Eine nachhaltige Nachwuchs- bzw. Fachkräftegewinnung kann nur gelingen, wenn Karrierepfade grundlegend reformiert und Anreizsysteme geschaffen werden.

Um dem Fachkräftemangel im Öffentlichen Dienst entgegenzuwirken, ist die Verjüngung des Personalkörpers die beste Methode. Das bedeutet, dass wir vermehrt junge Menschen einstellen müssen, was wir in den vergangenen beiden Legislaturperioden bereits in zahlreichen Bereichen gemacht haben. Gleichzeitig müssen wir auch Wege finden, den Öffentlichen Dienst attraktiver zu machen, damit dieser im Wettbewerb um fähigen Nachwuchs mit der freien Wirtschaft bestehen kann, zum Beispiel durch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flexiblere Arbeitszeiten und die Verbesserung des Lohngefüges.

Auch eine gesteigerte Ausbildungsrate mit Übernahmegarantie ist zu befürworten. Zudem muss die Verwaltungsreform konsequent weitergeführt werden, um vorhandenes Personal effektiver einsetzen zu können sowie die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse weiter forciert werden. Maßnahmen wie ein flexibler Renten- und Pensionseintritt und die Reduzierung der regulären Arbeitszeit können auch zu einer Steigerung der Attraktivität des Öffentlichen Dienstes beitragen und werden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt.

Damit diese Maßnahmen realisiert werden können, müssen Prozesse im öffentlichen Dienst effizienter gestaltet und stärker digitalisiert werden.

Wir haben verschiedene Programme aufgesetzt, die den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern. Dazu gehören unter anderem das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“, die Richtlinie zur öffentlich geförderten Beschäftigung und ein Förderprogramm zum Einstieg in den Pflegeberuf für Geflüchtete und Migrant*innen. Die auskömmliche Finanzierung dieser Programme wollen wir auch im Haushalt 2025 sicherstellen.

Des Weiteren setzen wir uns für eine Erhöhung der Tarifbindung ein, damit der Niedriglohnsektor in Thüringen zurückgedrängt wird. Niedrige Löhne sind ein Standortnachteil für Thüringen.

Mit der Einführung des Bildungsurlaubs für Beschäftigte profitieren insbesondere Beschäftigte im öffentlichen Dienst von selbstbestimmten Weiterbildungsangeboten. Wir setzen uns zudem zusammen mit den gewerkschaftlichen Partnern dafür ein, dass die Lohnlücke zwischen TVöD und TV-L geschlossen wird. Das wird auch den Wegzug in die Privatwirtschaft zurückdrängen.

Wir wollen mit Gewerkschaften, Unternehmen und Jugendausbildungsvertreter*innen prüfen, ob und wie ein Auszubildendenwerk in Thüringen ein wichtiges Instrument sein kann, um die Rahmenbedingungen für Auszubildende zu verbessern.

Wir haben bereits für die Polizeiauszubildenden im Jahr 2020 eine Übernahmegarantie bei einem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung beschlossen und erforderliche Weichen zur Umsetzung getroffen, weitere Berufsgruppen werden wir prüfen. Insgesamt haben wir die Zahl der Polizeiauszubildenden erheblich gesteigert und umfassende Modernisierungsschritte an den Polizeibildungseinrichtungen eingeleitet. Mit dem Antrag zu einem modernen „Polizeibildungs-Campus 2030“ haben wir im Parlament ein klares Bekenntnis und einen Auftrag ausgelöst, Thüringen bundesweit zum Vorreiter bei der Polizeiausbildung auf Hochschulniveau weiter zu entwickeln.

Dabei wollen wir künftig per Gesetz auch eine Grundlage schaffen Anwärterinnen und Anwärter für den Polizeivollzugsdienst kostenfrei unterzubringen. Wir wollen eine rechtssichere leistungs- und zeitgeregelte Lösung für eine verbesserte Beförderung in das 2. Beförderungsamt schaffen. Damit sollen sich das Beurteilungswesen und Entwicklungsmöglichkeiten verbessern. Zudem wollen wir die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage prüfen.

Wir wollen den Gender Pay Gap zwischen Männern und Frauen abbauen, der dazu führt, dass oftmals nur ein Teil der Lebensgemeinschaft einen Großteil der Fürsorgearbeit übernimmt. Das ist ein wichtiger Schritt, damit eine bessere Vereinbarkeit ermöglicht werden kann. Zudem müssen ernsthaft neue Arbeitszeitmodelle diskutiert werden, die eine höhere Zeitsouveränität bei den Beschäftigten ermöglichen.

Wir wollen eine grundsätzliche Neuausrichtung in der Rentenpolitik, dafür werden wir uns im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung einsetzen. Niemand darf im Alter arm sein, ganz gleich ob infolge von Berufsunfähigkeit, Zeiten von Arbeitslosigkeit, Kindererziehung, Pflege und auch nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Berufstätigkeit. Jede*r muss im Alter in Würde leben können. Wir wollen eine solidarische Mindestrente von 1.200 Euro, keine Erhöhung des Rentenalters sondern die Möglichkeit eines Renteneintritts mit 60 Jahren bei mindestens 40 Beitragsjahren, eine abschlagsfreie Rente ab 65, die Rente zu einer steuer- und beitragsfinanzierten Leistung ausbauen und das Rentenniveau auf 53 Prozent erhöhen. Das geht am besten mit einer Erwerbstätigenversicherung.

Wir setzen uns für neue Arbeitszeitmodelle ein, unter anderem auch für Modelle, die eine Arbeitszeitverkürzung umfassen. Gerade der zunehmende Arbeits- und Fachkräftebedarf macht deutlich, dass attraktive Arbeitsbedingungen der Faktor sind, um neues Personal gewinnen und halten zu können.

(a) Der AfD Thüringen ist es ein Anliegen, die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes und des Beamtenberufs in Thüringen zu erhöhen. Flexible Zugangsvoraussetzungen einerseits und eine vorausschauende eigene Ausbildungsstrategie andererseits sind vor allem dann sinnvoll, wenn die Fachkräfte auch gehalten werden.

(b) Derzeit fehlt es vielfach an Respekt und Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern des Öffentlichen Dienstes (ob nun bei Polizei, Finanzbehörden, Schulen oder Rettungsdiensten etc.). Die Politik tut gut daran, respektfördernde Maßnahmen zu ergreifen. Die Vergütung darf sich nicht zu weit von derjenigen in der freien Wirtschaft entfernen, und die Bediensteten sollten ihre Tätigkeit nicht als unfruchtbar oder sinnlos erfahren müssen. Diesbezüglich ist es nach unserer Auffassung erforderlich, manche Normen, Verfahren und Aufgaben der Behörden auf den Prüfstand zu stellen, die den Alltag der Bediensteten im Öffentlichen Dienst belasten, ohne zu einer besseren Effizienz oder Effektivität beizutragen.

(c) Ja, dies ermöglicht eine gezieltere bzw. bedarfsorientierte Ausbildung von Fach- und Führungskräften für den Öffentlichen Dienst.

(d) Ja.

(e) Hier können beispielsweise Homeofficemöglichkeiten und flexible Arbeitszeitmodelle hilfreich sein. Konzepte, die sich in der freien Wirtschaft bewährt haben, sollten im Öffentlichen Dienst wo möglich adaptiert werden.

(f) Ja, unter den bereits jetzt möglichen Voraussetzungen.

(g) Die AfD Thüringen sieht die Voraussetzungen für eine Absenkung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit im Öffentlichen Dienst in Thüringen gegenwärtig nicht als gegeben an.

zu a) und b) und e): Derzeit befindet sich der Arbeitsmarkt in einem dramatischen Wandel. Konnten vor nicht allzu langer Zeit Arbeitgeber unter einer Vielzahl an Bewerbern auswählen, so sind es heute die jungen Leute, die sich die Arbeitgeber aussuchen. Was wir heute als Fachkräftemangel erleben, wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Um Nachwuchs für einen modernen Öffentlichen Dienst gewinnen zu können, muss dessen Attraktivität gesteigert werden. Insbesondere wollen wir dies erreichen durch: attraktive Bezahlung, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, Work-Life-Balance durch flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice, entgegengebrachte Wertschätzung, auskömmliche personelle und materielle Ausstattung der Dienstbereiche.

Wir sehen aber auch ein erhebliches Defizit bei der Kommunikation von modernen, innovativen und spannenden Berufs- und Aufstiegschancen. Hier brauchen wir dringend neue Wege und Kommunikationskanäle. Mit reinen Imagekampagnen etc. kann diese Aufgabe nicht gelöst werden. Es braucht eine neue, frische und vor allem innovative Strategie.

(c) Die Stärkung und den Ausbau der landeseigenen Ausbildung für die Verwaltung unterstützen wir ausdrücklich.

(d) Ja.

(f) Wir halten die derzeitig bestehenden Renten- bzw. Pensionseintrittsregelungen für angemessen.

(g) Eine Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 38 Stunden für Beamte und Beschäftigte halten wir derzeit für nicht angezeigt.

10. Frage: Schutz vor Gewalt gegen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst

Mit welchen Maßnahmen wollen Sie Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst gegen Gewalt in physischer und psychischer Form schützen?

Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet.

Mitarbeiter schützen und Sicherheitsgefühl im öffentlichen Dienst stärken. Gewalttaten gegenüber Mitarbeitern im öffentlichen Dienst haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. Der Staat muss sein Personal schützen. Wir wollen übergeordnete Maßnahmen im technischen und baulichen Bereich, aber auch organisatorische und personenbezogene Präventionsmaßnahmen einführen um unsere Angestellten und Beamten den größtmöglichen Schutz zu bieten.

Frage blieb unbeantwortet.

Die Sach- und/oder Personalmittel zum Gewaltschutz sind auf die konkreten Tätigkeitsbereiche der Mitarbeiter abzustimmen. Wir erachten ein qualitatives Weiterbildungsprogramm, dass diese Themen aufgreift und präventives Wissen schafft, als notwendig. Wichtig ist ebenso das Vorhalten eines nachsorgenden Programms mit niedrigschwelligem Zugang für Mitarbeiter, die physische oder psychische Gewalt im Zusammenhang mit ihrem Dienstverhältnis erleben mussten.

Um gegen die zunehmende körperliche und verbale Gewalt gegen Polizei, aber auch andere Mitarbeiter*innen des öffentlichen Dienstes vorzugehen, bedarf es einer konsequenten und schnellen Strafverfolgung. Dazu gehört auch die Ahndung von Verbreitung von Hass und Hetze in den sozialen Netzwerken. Dafür wollen wir auch psychische und physische Gewalttaten gegen Mitarbeiter*innen im öffentlichen Dienst klar erfassen. Wir wollen zudem Meldestrukturen in den Behörden schaffen und Unterstützungsmechanismen für Betroffene in den Verwaltungen etablieren.

Gewalt gegen Beschäftigte im ÖD ist inakzeptabel! Wir haben als LINKE 100.000 Euro in den Landeshaushalt verhandelt, um eine Respektkampagne auf den Weg zu bringen, die Wertschätzung für die Beschäftigten zum Ausdruck bringt und deutlich macht, dass hinter teils auch uniformierten Bediensteten Menschen stehen, die sich für unser Gemeinwohl einsetzen. Wir wollen das diese Mittel endlich sachgerecht in der Fläche eingesetzt werden und dabei die Mitarbeiter des ÖD im Fokus stehen und nicht ein Minister. Wir setzen uns für ein besseres Gesundheitsmanagement für Betroffene und eine Sensibilisierung von Führungskräften ein. Vor allem aber wollen wir mit Investitionen in Infrastruktur, Daseinsvorsorge und Bildung Perspektiven und soziale Sicherheiten schaffen um ein Frust- und Konfliktpotential bereits an der Wurzel zu reduzieren. Je nach Arbeitsbereich im ÖD variiert das Gefahrenpotential. Daher haben wir uns für den Bereich der Polizei bspw. mit Millionensummen für modernste Sicherheitsausrüstung stark gemacht oder auch Regelungen wie die Schadensersatzübernahme auf den Weg gebracht, um als Land dann einzuspringen, wenn Schuldner zahlungsunfähig oder -unwillig sind. Wir wollen die Vertrauensstelle für Polizist*innen öffnen und weiterentwickeln. Daher haben wir für das Jahr 2024 Mittel für eine Zufriedenheitsstudie für Beschäftigte in der Polizei und ihrer psychischen und physischen Gesundheit bereitgestellt. Neben baulich-technischen und organisatorischen Präventionsmaßnahmen haben sich zu dem Deeskalations- und Kommunikationstrainings für eine Vielzahl von Tätigkeiten im ÖD als gewinnbringend erwiesen. Diese gilt es zu verstärken. Aus der Coronapandemie haben wir die Konsequenzen gezogen, dass nicht jede Entscheidung klug war oder klug durch politische Akteure kommuniziert war, auch Beschäftigte im ÖD gerieten hier zwischen die Fronten. Mit einem Landespräventionsleidfaden könnten künftig außerdem Handlungsmöglichkeiten für Beschäftigte des Landes und der Kommunen spezifisch an Thüringer Verhältnisse orientiert aufbereitet werden.

Ursächlich sehen wir hier den Verlust des Respekts gegenüber staatlich handelnden Personen. Es bedarf insoweit nicht zuletzt respektfördernder Maßnahmen. Die Frage des Schutzes der Mitarbeiter ist auch eine Frage von Vertrauen und ernstgemeinter Rückendeckung für die Bediensteten des Öffentlichen Dienstes seitens der Politik. Darüber hinaus bietet das Strafrecht ausreichend Möglichkeiten des Schutzes der Mitarbeiter. Diese Möglichkeiten müssen jedoch konsequent ausgeschöpft und zur Anwendung gebracht werden.

Das BSW steht für einen starken Rechtsstaat und Null-Toleranz gegen Hass und Gewalt. Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte müssen mit aller Konsequenz verfolgt und bestraft werden. Diesem Thema haben wir uns aus guten Gründen sehr ausführlich und unmissverständlich in unserem Landtagswahlprogramm gewidmet.

Den Bediensteten des Öffentlichen Dienstes müssen für den Bedarfsfall wirksame Betreuungsangebote zur Verfügung gestellt werden, die die Wiederherstellung des psychischen Wohlbefindens, die Erhaltung ihrer Gesundheit und das rechtzeitige Verhindern einer krankheitsrelevanten Störung zum Ziel haben. Darüber hinaus ist über die Aus- und Fortbildung das Ziel zu verfolgen, das Risiko einer psychischen Belastung zu minimieren. In der Ausbildung ist sicherzustellen, dass Berufsanfänger über belastende Ereignisse, mögliche Belastungsreaktionen und deren Bewältigung informiert werden. Über die Fortbildung der Vorgesetzten aller Ebenen ist eine hinreichende Sensibilisierung und die Vermittlung von Grundlagenwissen für deren Betreuungsaufgabe im Rahmen der Fürsorgepflicht sicherzustellen.

11. Frage: Arbeits- und Gesundheitsschutz

Wie soll der Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Thüringen weiterentwickelt werden?

Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet.

Mitarbeiter schützen und Sicherheitsgefühl im öffentlichen Dienst stärken. Gewalttaten gegenüber Mitarbeitern im öffentlichen Dienst haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. Der Staat muss sein Personal schützen. Wir wollen übergeordnete Maßnahmen im technischen und baulichen Bereich, aber auch organisatorische und personenbezogene Präventionsmaßnahmen einführen um unsere Angestellten und Beamten den größtmöglichen Schutz zu bieten.

Die Möglichkeiten für Gefährdungsbeurteilungen sollen konsequent angewendet werden. Sowohl auf der technischen als auch organisatorischen Ebene setzen wir uns für Verbesserungen ein. Neben der Umsetzung dieser Maßnahmen ist es wichtig, sie regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um einen dauerhaften Schutz der Beschäftigten zu gewährleisten.

Der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist auf die konkreten Tätigkeitsbereiche der Mitarbeiter abzustimmen.

Arbeits- und Gesundheitsschutz ist in diversen Gesetzen geregelt, die auch im öffentlichen Dienst zu beachten sind und auch beachtet werden, denn Arbeit darf nicht krank machen. In den letzten Jahren wurden Arbeitsplätze ergonomisch umgestaltet, Arbeitsbedingungen verbessert, Arbeitszeitmodelle an die Bedürfnisse der Beschäftigten angepasst und das Betriebliche Gesundheitsmanagement ausgebaut.

Insbesondere für ältere und vulnerable Arbeitnehmer*innen wollen wir den betrieblichen Gesundheitsschutz, die Gesundheitsförderung, den Schutz vor psychischen und physischen Erkrankungen noch weiter stärken und Supervisionsangebote insbesondere für Polizist*innen, ausbauen. Zusätzlich wollen wir, dass das Amt für Arbeitsschutz zu einer Behörde mit umfassender Beratungskompetenz in betrieblichen Gesundheitsfragen weiterentwickelt wird.

Diese Maßnahmen sollen in Zusammenarbeit mit den Beschäftigten und den Personalvertretungen weiter ausgebaut werden.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Arbeitsschutzkontrollbehörden weiterhin eine ausreichende Personalausstattung erhalten. Zudem wollen wir die Kontrollquote auf 10% erhöhen. Der im Landesamt für Verbraucherschutz angesiedelte Arbeits- und Gesundheitsschutz muss personell aufgestockt werden, um Verstöße und ausbeuterische Arbeitsverhältnisse zu ahnden. Um den Arbeitsschutz der Beschäftigten zu stärken, soll eine Anti-Stress-Verordnung eingerichtet werden, die Arbeitgebende dazu verpflichtet, Schutzmaßnahmen gegen körperliche und psychische Erkrankungen zu treffen.

Angesichts alarmierender Krankenquoten in immer mehr Bereichen des Öffentlichen Dienstes muss der Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten priorisiert vorangebracht werden. Bereits bestehende Maßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluiert werden. Gegebenenfalls sollte eine zentralisierte Problemlösungskompetenz in einem Ministerium geschaffen werden.

Um die Beschäftigten bestmöglich vor berufsbedingten Gefahren oder schädigenden Belastungen zu schützen, bedarf es eines kontinuierlichen Arbeitsschutzes und einer gleichbleibenden Unfallverhütung. Alle für den Arbeits- und Gesundheitsschutz Verantwortlichen (Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit) sollen regelmäßig über die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben berichten. Auf Basis dieser Berichte können ggf. Verbesserungskonzepte entwickelt werden.

12. Frage: Bürokratieabbau und Aufgabenkritik

Wie wollen Sie mit dem Thema Bürokratieabbau in der Zukunft umgehen? Welche Aufgaben können abgebaut und nicht nur verlagert werden?

Leben einfacher machen. Thüringen wird nur erfolgreich sein, wenn bürokratische Fesseln und regulatorische Hemmnisse konsequent abgebaut werden. Wir werden ein Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg bringen und den Normbestand um mindestens 10 Prozent reduzieren. Verwaltungsverfahren werden wir konsequent vereinfachen.

Überflüssige Bürokratie abschaffen. In einem 200-Tage-Sofort-Programm werden wir alle Statistik-, Melde- und Dokumentationspflichten auf den Prüfstand stellen. Unser Ziel ist es, dass Daten von Bürgern und Unternehmen nur einmal übermittelt werden. Überall dort, wo es möglich ist, streben wir eine Genehmigungsumkehr durch Anzeige und Fiktion an (8-Wochen Genehmigungsfiktion). Statt flächendeckender Nachprüfungsverfahren setzen wir auf Stichproben- und Zufallskontrollen. Zudem werden wir konsequent alle Normen daraufhin überprüfen, ob vorhandene Schriftformerfordernisse noch erforderlich sind oder durch die Textform ersetzt werden können.

Paragrafenbremse einführen. Neue Vorschriften dürfen nur erlassen werden, wenn dafür zwei bisherige Vorschriften abgeschafft werden ("Eins rein, zwei raus”). Die Einhaltung dieser Paragrafenbremse werden wir dem Normenkontrollrat übertragen, den wir sowohl in seinen Kompetenzen als auch in seiner Ausstattung stärken werden. Einmal jährlich soll der Normenkontrollrat eine Entbürokratisierungsbilanz veröffentlichen, an der wir den Fortschritt beim Bürokratieabbau konkret messen können.

Überregulierung vermeiden. Vorschriften, die Bundes- und Europarecht umsetzen, werden wir daraufhin überprüfen, ob es sich um eine 1:1-Umsetzung handelt. Überregulierung lehnen wir ab und werden wir konsequent zurückfahren.

Praxis- und Digitalcheck einführen. Für alle neuen Gesetze und Vorschriften werden wir einen Digital- und Praxischeck einführen. Damit wollen wir die Normgeber veranlassen zu prüfen, ob die von ihnen entworfenen Normen in der Praxis und digital umsetzbar sind.

Gesetze verständlicher machen. Zusätzlich werden wir ein Programm für bessere Rechtssetzung erarbeiten, das u. a. darauf gerichtet ist, eine einfache und bürgernahe Sprache beim Erlass von Rechtsvorschriften sicherzustellen.  Formulare, Anträge und Bescheide werden wir so gestalten, dass sie für die Adressaten verständlich und nachvollziehbar sind.

Innovative Freiräume schaffen. Wo immer es möglich ist, wollen wir mit Öffnungsklauseln und Erprobungsmöglichkeiten flexible und praxistaugliche Lösungen und Modelle schaffen. Mit einem Standarderprobungsgesetz werden wir Experimentierräume und sogenannte Reallabore etablieren, um sowohl im Land als auch in den Kommunen Innovationen und Standardabweichungen ausprobieren zu können.

Förderverfahren bündeln und vereinfachen. Die Thüringer Fördermittellandschaft ist zu kleinteilig und überkomplex. Programme mit übermäßig viel Bürokratie und Aufwand oder von geringem Nutzen werden wir abschaffen. Vor der Schaffung neuer Förderprogramme werden wir prüfen, ob nicht Pauschalförderungen sinnvoller sind. Die Standards der Verwendungsnachweisprüfung wollen wir gemeinsam mit dem Thüringer Rechnungshof einer Revision unterziehen. Unser Ziel ist es, die Anforderungen an Verwendungsnachweise deutlich zu vereinfachen und zu standardisieren. Alle Förderverfahren werden wir durchgängig digitalisieren.

Bürger und Wirtschaft entlasten. In Zeiten von Inflation und anhaltender Preissteigerungen darf der Staat kein zusätzlicher Kostentreiber sein. Um Bürger und Unternehmen zu entlasten, werden wir ein Gebührenmoratorium für zwei Jahre einführen, in denen wir staatliche Gebühren nicht erhöhen. Um die Gebührenhöhe von der allgemeinen Preisentwicklung zu entkoppeln, werden wir prüfen, wo Pauschalgebühren eingeführt und Bürger, Unternehmen und Verwaltung von zeitaufwendigen (Gebühren-)Wertermittlungsverfahren entlastet werden können.

Verwaltung neu denken. Wir wollen eine Verwaltung, die mutig und entschlossen vorhandene Ermessensspielräume ausnutzt, um bestmögliche Verwaltungsleistungen anbieten zu können. Wir wollen nicht weniger als ein Start-Up-Denken in der Verwaltung etablieren. Reines Absicherungsdenken soll der Vergangenheit angehören. Führungskräfte wollen wir zu konstruktiven und unbürokratischen Problemlösungen ermutigen und eine neue nach vorne gerichtete Fehlerkultur in der Verwaltung etablieren. Um innovative Ideen von den Mitarbeitern der Verwaltung zu fördern, werden wir ein modernes und prämienbasiertes Ideenmanagement in den Behörden etablieren.

Aufgabenkritik durchführen. Wir werden eine Aufgabenkritik durchführen, die dazu beiträgt, die öffentlichen Verwaltungen auch über das Jahr 2035 hinaus zukunftsfähig aufstellen zu können. Dazu werden wir die Aufgaben an sich aber vor allem die Art und Weise der Aufgabenerfüllung auf den Prüfstand stellen. Neben der notwendigen Optimierung von Prozessen werden wir den Schwerpunkt auf die Automatisierung und Digitalisierung von Aufgaben legen. Hierzu werden wir ein Landesorganisationsgesetz auf den Weg bringen, mit dem wir die Ergebnisse der Aufgabenkritik umsetzen werden.

Wir werden die bestehenden Prozesse in der über viele Jahre gewachsenen Förderlandschaft des Freistaats kritisch prüfen. Förderprogramme sollen effizient und transparent gestaltet und eingesetzt werden. Nach kritischer Prüfung dieser hinsichtlich ihrer Effektivität werden wir auch Streichungen in Betracht ziehen. Wir werden die Landesprogramme standardisieren und vereinfachen, um bessere Voraussetzungen für wichtige Investitionen in Schulen, Infrastruktur, Wirtschaft und Soziales zu schaffen. Dazu schaffen wir eine zentrale Förderplattform, die eine vollelektronische Abwicklung aller landeseigenen Förderprogramme ermöglicht. Dafür setzen wir uns für eine digitale Fördermitteldatenbank ein, die nicht nur die vorhandenen Fördermittel aufzeigt, sondern mögliche Kombinationen mit Bundesmitteln etc. mitdenkt und Verwaltungsmitarbeiter entlastet.

Weniger ist mehr. Der Abbau von Bürokratie in ausnahmslos allen Daseinsbereichen ist ein Hauptanliegen der FDP. Er kommt allen Beteiligten gleichermaßen zugute, insbesondere Bürgern und Unternehmen sowie der öffentlichen Verwaltung selbst. Wir setzen uns für eine zeitliche Begrenzung von Gesetzgebungen und Verordnungen ein, um eine regelmäßige Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Wirksamkeit sicherzustellen. Zudem befürworten wir die „One in – Two out“-Regelung, die für jede neue Vorschrift die Streichung zweier bestehender verlangt, um eine Zunahme der Regelungsdichte zu verhindern. Es ist uns ein Anliegen, nicht mehr zeitgemäße oder unnötige Bestimmungen zu eliminieren und die Überprüfung von Bürokratiekosten bereits während des Gesetzgebungsprozesses zu standardisieren. Wir fordern die Erprobung neuer Regelungen in einem kontrollierten Rahmen, wobei die Absenkung von Standards zu akzeptieren ist.

Um den Abbau der Bürokratie voranzutreiben, hat die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mitgetragene Landesregierung im Dezember 2022 den Normenkontrollrat berufen, welcher überprüft, wie bestehende Rechtsvorschriften in der Praxis wirken und untersuchen soll, wo bürokratische Hürden die Verwaltungsarbeit hemmen. Diese Arbeit soll fortgesetzt werden.

Digitalisierung und IT-Management wollen wir in den Entscheidungsebenen und in der Landesregierung bündeln und klare Standards für digitale Anwendungen einführen, aber auch Arbeitsprozesse und Verwaltungsabläufe auf den Prüfstand stellen, um unnötige Bürokratie abzubauen. Zur Einheitlichkeit und einfacheren Auswertung von Daten wollen wir ein landesweites Datenmanagementgesetz einführen. Unser Ziel ist eine agile, moderne und digitale Verwaltung.

Eine umfassende Aufgabenkritik ist Gegenstand der Untersuchungen für ein Personalentwicklungskonzept 2025, das von der Landesregierung gerade erarbeitet wird, denn auch unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung muss mittelfristig weiter am Abbau von Aufgaben gearbeitet werden.

Wir haben eine Vielzahl von bürokratischen Prozessen identifiziert und wollen diese 2024 bis 2029 abbauen. Beispielhaft gilt dies für aufwendige Projektverfahren bei der Demokratieförderung, wo wir mit einem Demokratiefördergesetz für alle Beteiligten Verbesserungen erzielen könnten. Gleichfalls setzen wir uns z.B. für die Entbürokratisierung von Fördermitteln des Bundes für Ausbau, Digitalisierung und Ausstattung von Schulen ein. Wir brauchen ein Umdenken in der Förderpolitik des Landes insbesondre im Bereich der Projektförderung und Unterstützung von Modellprojekten. Kurzzeitige Förderrungen von in der Regel einem Jahr, schaffen Unsicherheiten bei den Trägern und einen hohen bürokratischen Aufwand auf der Seite des Landes als Mittelgeber. Gerade in den Bereichen Demokratie, Bildung, Migration, Sozialen oder Gesundheit leisten viele Projekte einen erheblichen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Für starke Strukturen braucht es daher Verlässlichkeit und Planungssicherheit, um langfristig und nachhaltig Wirkung zu entfalten. Deswegen wollen wir haushaltsrechtliche Lösungen schaffen um die Förderung auf in der Regel 3 bis 5 Jahre zu erhöhen, die Eigenmittelanteile bei Bedarf absenken, eine verstärkende regionale Förderung möglich machen und die Prozesse in der Landesverwaltung so aufstellen, dass Entscheidungen über Projekte, Förderung und Beginn transparent und frühzeitig kommuniziert werden.

Um den öffentlichen Dienst nicht nur für die nächsten fünf, sondern die nächsten 30 Jahre zu stabilisieren müssen wir noch grundlegender ansetzen, damit der ÖD in Thüringen leistungsstark bleibt. Beispielhaft für den Bereich der Polizei wollen wir die Evaluation der Expertenkommission zur Polizeistrukturreform vor 10 Jahren aufgreifen und die notwendige Strukturdebatte ehrlich und auf Augenhöhe mit den Bediensteten und Polizeigewerkschaften führen. Damit kann sichergestellt werde, dass Polizist*innen, die wir 2024 ausbilden auch in den kommenden Jahrzehnten eine stabile Arbeitsgrundlage haben, um jederzeit personell einsatzfähig anfallende Herausforderungen zu bewältigen – in allen Teilen des Landes, egal ob urbaner oder ländlicher Raum, egal ob an Nachtzeiten oder Feiertagen.

Es darf im Rahmen der Entbürokratisierung keine Senkung von Standards in den Bereichen Arbeitsschutz, Ausbildung und Qualifizierung von Beschäftigten geben. Hilfreich wäre ergänzend auch eine Vollbefragung aller Beschäftigen im Thüringer ÖD, wo sie individuell in ihrem Arbeitsalltag (zu) bürokratische Prozesse erleben.

Der Öffentliche Dienst im Freistaat benötigt eine gründliche Aufgabenevaluation für alle Arbeitsebenen. Hier ist die Exekutive gefragt, aber auch die Landesgesetzgebung kann einen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten. Mit Blick auf die Komplexität des Öffentlichen Dienstes kann dem Ergebnis einer unabhängigen Aufgabenevaluation nicht vorweggegriffen werden.

Unser Land ächzt unter bürokratischen Regelungen und Verordnungen. Das müssen und wollen wir ändern. Unverständliche, undurchsichtige, überholte, lebensfremde und investitionshemmende Vorschriften machen hilflos und wütend. Der gesunde Menschenverstand darf nicht weiter in Regulierungswut und Bürokratie erstickt werden. Der vielfach anzutreffenden Kultur des Misstrauens gegenüber Bürgern, die sich häufig als lästige Antragsteller fühlen, wollen wir mit einer massiven Entbürokratisierungsstrategie begegnen. Thüringen soll das erste Land werden, das neue Regelungen, Vorschriften und Verordnungen auf einen 100-Tage-Prüfstand stellt, bei dem Bürger Einwände geltend machen und das Inkrafttreten verhindern können.

Wir wollen, dass Thüringen zum Bundesland mit einer bürgernahen Verwaltung und einer geringen Bürokratie wird. Eine zu große Regelungsdichte wirkt sich nicht nur hemmend auf den Einzelnen aus, sondern auch auf unsere Unternehmen. Bürokratische Auflagen sind ein Mühlstein um den Hals der Wirtschaft in Thüringen. Deshalb setzen wir uns für eine klare Kompetenzerweiterung des Thüringer Normenkontrollrates ein, der dafür zuständig ist, die Kosten und Auswirkungen neuer Gesetze in allen Bereichen einzuschätzen und Empfehlungen abzugeben.

Und: Gesetze und Regelungen gibt es genügend, wichtig ist die Kontrolle des Einhaltens derselben. Es ist zu prüfen, ob die Anzahl der Gesetze und Regelungen bei gleicher Rechtssicherheit reduziert werden kann. Weiterhin sollten die von der Thüringer Verwaltung verwandten Anträge und Formulare besser verständlich und nachvollziehbar gestaltet werden. Bei Fördermittelanträgen, die Antragstellern und Unternehmen unnötig Zeit und Geld kosten, wollen wir die Verpflichtung zur Einholung externer Gutachten oder mehrerer Angebote überall dort abschaffen, wo Bundes- und EU-Recht dies ermöglichen.

13. Frage: Digitalisierung, KI und Homeoffice

Wie wollen Sie die Digitalisierung im Öffentlichen Dienst in Thüringen voranbringen und zugleich die Risiken (Datenschutz, Personal, etc.) geringhalten? (a)

Wie stehen Sie zum Einsatz von KI? (b)

Wie stehen Sie zu einer Weiterentwicklung der bisherigen Praxis des Homeoffice? (c)

Digitale Verwaltung umsetzen. Wir wollen eine Verwaltung, deren Leistungen vom Antrag bis zum Bescheid rund um die Uhr einfach, transparent und zuverlässig zur Verfügung stehen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir eine Digital- und Datenstrategie vorlegen und umsetzen. Oberste Priorität hat für uns dabei, dass die Digitalisierung in erster Linie den Alltag der Bürger und der Wirtschaft erleichtert, aber gleichzeitig auch analoge Zugänge, insbesondere im Interesse älterer Menschen, erhalten bleiben.

Digitalisierung zur Querschnittsaufgabe machen. Zur Koordinierung der Digital- und Datenstrategie und der weiteren Implementierung des E-Government in die Thüringer Verwaltung werden wir den Staatskanzleiminister zum Digitalminister machen, der alle digitalen Themen als Querschnittsaufgabe verantwortet und jährlich ein Digitalbarometer im Landtag vorstellen wird.

Thüringen-Portal und ThüringenApp einrichten. Das Thüringer Antragsmanagementsystem für Verwaltungsleistungen (ThAVEL) werden wir zu einem nutzerfreundlichen digitalen Thüringen-Portal inklusive einer ThüringenApp weiterentwickeln.

Verwaltungsverfahren digitalisieren. Wir wollen sämtliche Verwaltungsverfahren medienbruchfrei digitalisieren. Das betrifft sowohl die Einführung der elektronischen Akte in allen Behörden des Landes als auch die entsprechende Anbindung der Fachverfahren. Damit soll in Zukunft der Gang zum Amt nur noch dann erforderlich sein, wenn vor Ort eine Beratungsleistung notwendig oder gewollt ist.

Thüringen-Netz schaffen. Das Landesrechenzentrum wollen wir zu einem zentralen Dienstleister sowohl für die Landesbehörden als auch für die Kommunen ausbauen. Insellösungen wollen wir abschaffen und gezielt einheitliche Software-Lösungen für alle staatlichen Akteure im Freistaat entwickeln. Unser Anspruch ist, dass es langfristig nur noch ein staatliches Datennetz, den sogenannten „Thüringen Data Space“ gibt.

KI-Boost für Verwaltung zünden. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wollen wir Verwaltungsvorgänge beschleunigen, Mitarbeiter entlasten und die Qualität von Verwaltungsdienstleistungen erhöhen. Künstliche Intelligenz eröffnet die Möglichkeit, staatliche Leistungen auch automatisiert anzubieten, z. B. durch Einsatz von Chatbots und digitale Assistenten. Bei wichtigen Ereignissen, wie etwa Geburt, Volljährigkeit, Umzug oder Heirat werden wir die Bürger mit allen notwendigen Informationen im Sinne eines sogenannten Push-Governments versorgen.

Homeoffice Möglichkeiten ausweiten. Die aktuelle Praxis der Regelungen zur Arbeit aus dem Homeoffice für den öffentlichen Dienst muss weiterentwickelt werden. Dafür ist es wichtig, dass die technischen, vor allen Dingen auch die datenschutztechnischen Voraussetzungen geschaffen werden.

(a) Die zentrale Koordinierung gemeinsamer Aufgaben und Dienste über das Thüringer Finanzministerium und das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ) ist effizient und soll weiter ausgebaut werden. Die Rolle des Chief Information Officer (CIO) stärken wir zusätzlich durch dessen komplette digitale Rahmenverantwortung der Landesregierung für die digitale Transformation und dieser zusätzlich die Funktion des Chief Digital Officer (CDO) ausfüllt. Die Einführung von Digitalisierung, Automatisierung und künstlicher Intelligenz (KI) soll dabei unter Mitbestimmung der Beschäftigten erfolgen.

(b) Wir werden ethische Standards für den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung entwickeln und zur Erprobung konkreter Anwendungsfälle ein Kompetenzzentrum in der Thüringer Landesverwaltung einrichten. Statistische KI-Entscheidungen müssen als solche gekennzeichnet werden, sowie transparent und nachvollziehbar sein. Die Rahmenbedingungen ebenso wie konkrete Anwendungen von KI soll im Rahmen der Mitbestimmung der Beschäftigten entwickelt werden, um das Vertrauen und die Technologieakzeptanz bei den Beschäftigten zu fördern.

(c) Flexibles mobiles Arbeiten ist eine Voraussetzung zur Bindung und Gewinnung von Fachkräften. Wir wollen die Möglichkeiten gemeinsam mit den Personalräten weiter ausbauen. Darüber hinaus werden wir in bestehenden Landesliegenschaften Co-Working-Spaces einrichten.

Die digitale Transformation und der Einsatz digitaler Schlüsseltechnologien sind entscheidend für den Erfolg und die Stabilität aller gesellschaftlichen Bereiche. In Thüringen besteht erheblicher Nachholbedarf, aber es gibt auch zu viele staatliche Player mit gleichen Interessen: Thüringer Finanzministerium, Wirtschaft 4.0, ZeTT, TZLR, Digitalagentur, KIV, etc. Angesichts der Vielzahl an unbewältigten Vorhaben braucht es klare Priorisierungen und ein Bündeln der Verantwortung. Es ist eine logische Konsequenz, dass die Digitalisierung innerhalb der Landesregierung zur Chefsache werden muss. Nur so können wir priorisieren, die Effizienz steigern und Doppelstrukturen vermeiden.

Wir werden bestehende Landesgesetze und Verordnungen einem Digitalcheck unterziehen. Bei Nicht-Bestehen wollen wir sie ändern und vereinfachen. Neue Bestimmungen sollen nur in Kraft treten, wenn sie konsequent von Verwaltung, Bürgern und Unternehmen digital bearbeitet werden können. Den Einsatz von KI ist angesichts allgemeiner technischer Entwicklungen geboten. Wir setzen uns dafür ein, dass potentielle Arbeitsfelder im öffentlichen Dienst für KI-Anwendungen analysiert und Umsetzungen angestoßen, oder soweit bereits vorhanden, übernommen werden.

Selbstverständlich bedarf es eines entsprechenden Risikomanagements. Bei dessen Ausgestaltung sowie der des Homeoffice vertrauen wir auf die Kompetenz der jeweiligen Fachbereiche.

Die Digitalisierung und der Einsatz von KI bieten in der Verwaltung viele Vorteile, wobei der Datenschutz immer sichergestellt sein muss. Wir wollen sowohl die Breitbandanbindung ausbauen und Automatisierungspotentiale nutzen als auch die Software, also die konkreten Anwendungen deutlich benutzerfreundlicher machen und die digitale Aktenführung flächendeckend einführen.

Grundlegende Programmierkenntnisse, Projektmanagement und dazugehöriges Controlling wollen wir im Verwaltungsapparat etablieren. Die Weiterentwicklung der Handhabung des Homeoffice trägt – wie auch andere Flexibilisierungen – zu einer Steigerung der Attraktivität des Öffentlichen Dienstes bei. Daher sollten die Möglichkeiten zu dessen Nutzung, so weit wie möglich und sinnvoll, ausgeweitet werden.

Eine Zukunft ohne KI wäre im öffentlichen Dienst lebensfremd. Auch Thüringen muss Wege für die Gestaltung von mit Künstlicher Intelligenz generierten Inhalten und Produkten (Texte, Bilder, Filme, …) sowie von ihr gesteuerte Abläufe finden und nötigenfalls gesetzlich regeln. Das riesige schöpferische Potential der Technologie kann und wird gesellschaftlich nützlich sein, es kann vor allem zu einer Arbeitsentlastung für Beschäftigte im ÖD führen. Zugleich müssen aber Standards für Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, Copyright- und Verwertungsrechte, Arbeitsbedingungen- und rechte, Medienrecht und mögliche Folgen für die Demokratie gegebenenfalls neu geregelt werden. Wir wollen in der Thüringer Verwaltung weiterhin Open-Source-Software nicht nur auf allen Ebenen nutzen, sondern die Entwicklung, regelmäßige Auditierung und Verbreitung von quelloffenen, in modernen Programmiersprachen geschriebenen und leicht zu benutzenden digitalen Werkzeugen fördern. Beim HomeOffice und mobilen Arbeiten müssen die Interessen der Beschäftigten und des Freistaates sowie die Grundrechte der Bürger in Einklang gebracht werden, z.B. für bestimmte Arbeitsgebiete, die hoheitliches Handeln und Grundrechtseingriffe in sensible Daten mit sich bringen. Da wo keine sachlichen Hindernisse vorliegen gilt aus unserer Sicht: Arbeitsmodalitäten so flexibel im Sinne der Beschäftigten gestalten wie es möglich ist.

(a) Der Freistaat braucht thüringenweit einheitliche Standards für die digitale Verwaltung, um diese zu vereinfachen, bürgerfreundlicher zu machen und langfristig Verwaltungsaufwand zu sparen. Die Verwaltung muss, wo immer möglich, für die Bürger digital erreichbar sein, Anträge müssen online gestellt werden können. Das alles im Einklang mit den geltenden Regeln des Datenschutzes.

(b) Die AfD steht dem Einsatz von KI grundsätzlich offen gegenüber. Chatbots beispielsweise können in der Bürgerkommunikation zur Entlastung von Mitarbeitern beitragen und Ressourcen freisetzen, interne Abläufe können unter Zuhilfenahme von KI-Tools effizienter erledigt werden. Für uns ist entscheidend, dass der Einsatz der KI rechtsstaatskonform erfolgt und sich nicht zum Nachteil der Bürger auswirkt.

(c) Homeoffice hat sich auch für den Öffentlichen Dienst vielfach als ein sinnvolles und praktikables Modell erwiesen. Nicht zuletzt dient ein solches Angebot auch der besseren Vereinbarkeit des Berufs mit der Familie.

(a) Unsere Verwaltung muss immer mehr mit immer weniger Personal leisten. Das wollen wir ändern und dazu beitragen, dass Verwaltung von Bürgerinnen und Bürgern nicht als „Verhinderer“ wahrgenommen wird, sondern als „Möglichmacher“. Wir bemessen erfolgreiches Verwaltungshandeln an der Anzahl erteilter Genehmigungen, statt an der Anzahl geahndeter Verstöße. Dazu braucht es personelle, technische und strukturelle Voraussetzungen. Denn unsere öffentliche Verwaltung wird häufig als nicht leistungsfähig und technisch veraltet erlebt. Eine umfassende Digitalisierungs- und Entbürokratisierungsstrategie ist dringend erforderlich. Dabei wollen wir die Erfahrungen anderer Bundesländer und unserer europäischen Nachbarn, z.B. Estlands, nutzen. Thüringen soll zum digitalen Vorreiter in Deutschland werden. Digitalisierung kann und soll aber nicht persönliche Ansprechpartner ersetzen, wo diese gebraucht werden. Wichtig dabei ist aber: Digitalisierung ist kein Allheilmittel. Wir brauchen sie, wo immer dies vernünftig und effektiv ist. Wir brauchen sie nicht, wo (ältere, nicht computeraffine) Menschen Ansprechpartner brauchen. Der demografische Wandel und die lokale Struktur Thüringens setzen Grenzen, die wir selbstverständlich im Blick haben.

(b) Wir befürworten grundsätzlich und ausdrücklich den Einsatz von KI, so wie sie bereits beispielsweise bei der Auswertung von inkriminierten Dateien in der kriminalpolizeilichen Ermittlungsarbeit eingesetzt wird. Für die Herausforderungen aus KI und Cybercrime sehen wir die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden nicht ausreichend gerüstet. Dem begegnen wir u. a. mit der Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft. Außerdem setzen wir uns dafür ein, ein Regelwerk für den Umgang mit künstlicher Intelligenz zu erarbeiten. KI-Potenziale zur Vereinfachung und Effektivierung von Verwaltungsprozessen sollen so detektiert und abgesichert werden.

(c) Homeoffice sollte da, wo es möglich ist, maßvoll gewährt werden. Der Wegfall des täglichen Pendelns zum Dienstort schont den Geldbeutel des Bediensteten, verbessert die Work-Life Balance und fördert in vielen Fällen die Produktivität.

14. Frage: Ausschuss Öffentlicher Dienst

Wie stehen Sie dazu, einen Ausschuss im Thüringer Landtag einzurichten, der sich speziell mit den Fragen des öffentlichen Dienstes befasst, um in der Legislative das erforderliche Fachwissen zu bündeln?

Aufmerksamkeit und verlässliche Partner in der Legislative für den öffentlichen Dienst. Im parlamentarischen Verfahren im Landtag werden die unterschiedlichen Fragen des öffentlichen Dienstes behandelt. Aus unserer Sicht ist die aktuelle Vorgehensweise der konkreten Zuordnung des jeweiligen Spezialthemas (z.B. Alimentation, Besoldung, Dienstrecht) auch in den jeweiligen Fachausschüssen zu platzieren und dort zu behandeln beizubehalten. Einen separaten Fachausschuss der sich speziell mit Belangen des öffentlichen Dienstes befasst halten wir für nicht zielführend.  

Die Einrichtung zusätzlicher Ausschüsse ist grundsätzlich im Einvernehmen mit den Fraktionen und Abgeordneten des Thüringer Landtages zu entscheiden. Dabei sind die unterschiedlichen Ressortzuständigkeiten zu beachten. Diese Entscheidungen sind durch einen neu gewählten Landtag zu treffen.

Fragen des öffentlichen Dienstes spielen in allen Ausschüssen des Thüringer Landtages eine große bis sehr große Rolle. Bei Bedarf vernetzen sich die Ausschüsse untereinander. Diese Arbeitsweise hat sich bewährt.

Ein weiteres Gremium des Landtages sollte nur eingerichtet werden, wenn dafür ein Bedarf besteht. Fragen des öffentlichen Dienstes werden – unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Fachbereichs – bereits von den zuständigen Fachausschüssen und – bei allgemeinen Fragen – vom Haushalts- und Finanzausschuss beraten. Bei Bedarf werden Anhörungen durchgeführt. Ob darüber hinaus ein Ausschuss speziell für Fragen des öffentlichen Dienstes ohne konkrete Aufgabenstellung erforderlich ist, bedarf einer überzeugenden Begründung.

Ob ein zusätzlicher Ausschuss eine adäquate Lösung darstellt, dazu wollen wir uns nicht festlegen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass das Mittel einer Enquetekommission teils auch Vorteile gegenüber Ausschüssen erbrachte, etwa was die Einbeziehung externer Fachexpertise angeht. Wir bekennen uns zu den tausenden Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes und in den Kommunen, wollen weiter signifikante Verbesserungen erzielen. Im Sinne einer effizienteren Parlamentsarbeit könnten wir uns auch eine Zusammenlegung der bisher getrennt bearbeiteten Themen Besoldung (Haushalts- und Finanzausschuss) und Dienstrecht (Innen- und Kommunalausschuss) vorstellen. Die Frage der (Neu)Bildung von Ausschüssen stellt sich aber regelmäßig erst in Abhängigkeit einer neu konstituierten Regierungen und entsprechend ggf. angepasster Ressortzuschnitte.

Die AfD Thüringen hält einen solchen Ausschuss nicht für erforderlich.

Wir sehen den Landtag in seinen bestehenden Strukturen, die Fragen des öffentlichen Dienstes betreffend, gut aufgestellt. Daher bedarf es aus unserer Sicht nicht der Einrichtung eines derartigen Ausschusses.

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