08. März 2021

Leserkommentar zur Pressemitteilung 08.03.21

Besoldung in Thüringen verfassungswidrig

Im Ergebnis und nach den Prüfkriterien des Bundesverfassungsgerichtes wird und wurde bis zur Besoldungsgruppe A8 noch nicht einmal der notwendige Abstand zur Grundsicherung eingehalten oder dieser gar unterschritten (Sozialhilfe/Hartz 4).

Wenn man bedenkt, dass sich viele Kolleg*innen im Polizei-, dem Finanzamts-, dem Feuerwehr- oder Justizbereich in der Besoldungsgruppe A8 oder einer noch niedrigeren Besoldungsgruppe befinden, ist eine Alimentation unterhalb der Grundsicherung ein Unding. Letztlich erhält eine Grundsicherungsfamilie die jeweils festgesetzten Regelsätze und weitere Leistungen voraussetzungslos und auch auf Lebenszeit. Wer aber für den Staat arbeitet, muss vom Staat logischerweise mehr bekommen als derjenige, der nicht arbeitet. Dem dürfte kein vernünftig denkender Mensch widersprechen. Gleichwohl ist das in Thüringen für 3.900 verbeamtete Kolleg*innen gelebte Praxis des Dienstherrn.

Für das Agieren des Thüringer Finanzministeriums, dass es zu dieser Frage noch internen Abstimmungsbedarf geben würde, hat der Thüringer Beamtenbund und der Deutsche Richterbund Thüringen nicht einmal ansatzweise Verständnis. Vielmehr stellt sich die Frage, was es denn noch für interne Abstimmungsbedarfe geben soll, um seine Beamt*innen oberhalb des Grundsicherungsniveaus zu alimentieren und für die Beamt*innen und Richter*innen eine dementsprechende Anpassung der Besoldung vorzunehmen.

Die teilweise kursierende Idee des Thüringer Finanzministeriums, dem Problem allein über eine Anhebung sogenannter Kinderzuschläge zu begegnen verkennt die Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen aus den Jahren 2020 und 2015. Nach dem vom Bundesverfassungsgericht umfangreich gewürdigten Artikel 33 Grundgesetz geht es bei der Alimentation der Beamten um deren Eignung, Befähigung sowie fachlichen Leistung und nicht darum, wie viele Kinder die einzelnen Beamt*innen und Richter*innen im Laufe ihres Lebens gezeugt haben. Ein derartiges Ansinnen des Thüringer Finanzministeriums ließe sich nur mit weiteren Sparbemühungen zu Lasten der Beamten- und Richterschaft erklären. Der dringend gebotene Rechtsfrieden zu dieser Thematik würde hierüber jedenfalls nicht hergestellt.

Mit diesem Anliegen geht es nicht um eine extra Bratwurst für die Beamten- und Richterschaft in „Coronazeiten“ sondern einzig und allein zunächst darum, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes auch eingehalten werden.  Anderenfalls müsse man damit rechnen, dass weiter in die Tausende gehende Widerspruchs- und Klageverfahren auf den Freistaat Thüringen zukommen.

In Zeiten, in denen unsere Demokratie und unser Rechtsstaat unter Dauerstress stehen, wäre eine solche Entwicklung für das Verhältnis der Beamt*innen und Richter*innen zu ihrem Dienstherren jedenfalls nicht förderlich. Wenn auf der einen Seite rechts- und verfassungstreues Handeln von den eigenen Beschäftigten verlangt wird, muss auf der anderen Seite der Freistaat Thüringen als Dienstherren seinen verfassungsrechtlichen Verpflichtungen aus den Artikeln 20 und 33 Grundgesetz ebenfalls nachkommen und diese einhalten. 

Pressemeldung vom 08.03.21 | Besoldung in Thüringen verfassungswidrig

zurück